FED verschiebt Zinserhöhung erneut – 70 Billionen Dollar fehlen

Die US-Notenbank (FED) lässt den Leitzins erneut unverändert. Die Widerstände im Offenmarkt-Ausschuss der Federal Reserve werden jedoch immer lauter, die spätestens bis Ende des Jahres eine Zinserhöhung im Rahmen der Geldpolitik fordern. Wie lange wird die FED die Zinserhöhung noch hinausschieben können ohne Helikoptergeld einzusetzen, wenn 70 Billionen Dollar (ein Drittel des Weltgeldvermögens) von Investoren in der Erwartung der nächsten Krise und eines Börsencrashs zurückgehalten werden?

US-Zinsen: FED verschiebt Zinserhöhung erneut

Erneut konnten sich die Finanzmärkte auf Janet Yellen verlassen, die am 21.09.2016 keine überraschende Zinserhöhung vornahm, anders als einst ihr Vorvorgänger, Alan Greenspan, der 1994 einen Zinsschock auslöste und Japan einen Börsencrash bescherte. Die Vorsitzende des Federal Reserve Board hat am Mittwoch, wie von der Mehrheit der Marktteilnehmer erwartet, eine vorsichtige Vorgehensweise gewählt und den Leitzins in den USA unverändert gelassen. Gleichzeitig lies sie aber durchblicken, dass die Mehrheit im Offenmarkt-Ausschuss der US-Notenbank bald für eine Erhöhung der Zinsen stimmen könnte.

Warum die FED die Zinserhöhung erneut verschiebt

„Die meisten von uns sind der Meinung, dass die Argumente für eine sofortige Zinserhöhung stärker geworden sind“, sagte Yellen während der Pressekonferenz. „Dennoch erscheint es uns vernünftig, noch etwas zu warten, bis wir weitere Belege für Fortschritte hin zu unseren Zielen sehen“.

Dazu zähle in erster Linie die Situation im Arbeitsmarkt. Dort zeige sich zwar eine solide Entwicklung, was das Stellenwachstum betrifft, andere Indikatoren würden jedoch darauf hin deuten, dass Überkapazitäten im Arbeitsmarkt weniger schnell abgebaut werden als früher, führte Yellen aus.

Arbeitsmarkt unverändert

Janet Yellen verwies dabei speziell auf die Arbeitslosenquote, die mit 4,9% auf dem gleichen Niveau wie zu Jahresbeginn liege, obwohl seither im Durchschnitt gut 1800.000 neue Jobs pro Monat geschaffen wurden. Wenig Bewegung gab es auch bei der Erwerbsquote und bei der Anzahl der Zeitarbeiter, die auf eine Vollzeitstelle warten. Das ist auch kein Wunder, denn die inoffizielle Arbeitslosenquote ist viel höher und hat ihre Ursachen in der Finanzkrise.

Für eine Zurückhaltung bei der Zinserhöhung spreche nach Auffassung der FED-Chefin außerdem die weiterhin niedrige Inflation in den USA. Gemessen am Preisindex der Konsumentenausgaben habe die Teuerung im Juli im Vergleich zum Vorjahr weniger als 1% betragen. „Die Inflation bewegt sich damit nach wie vor unter unserem Ziel von 2%“, sagte Yellen.

Mit dem vorsichtigen Kurs sind jedoch nicht alle Mitglieder des Offenmarkt-Ausschusses der Federal Reserve einverstanden, denn mit Esther George (Kansas City), Loretta Mester (Cleveland) und Eric Rosengren (Boston) haben gleich drei von zehn stimmberechtigten Mitgliedern gegen eine weitere Zurückhaltung und für eine Zinserhöhung gestimmt. Das ist die höchste Zahl von Gegenstimmen seit der Notenbanksitzung im Dezember 2014.

Dissonanz im Offenmarkt-Ausschuss der FED

„Das Gremium ist gespalten, und Janet Yellen gehört eher zu den Gegnern, wenn es um eine Straffung der Geldpolitik geht“, äußerte Vincent Reinhart, Chefökonom von Standish Mellon Asset Management nach der Pressekonferenz.

„Anzeichen für unterschiedliche Ansichten hat es bereits während des FED-Symposiums von Jackson Hole gegeben, als sich verschiedene Fed-Angehörige für eine baldige Erhöhung der Zinsen aussprachen“, sagte Reinhart weiter. In Jackson Hole wurde auch die Bargeld-Abschaffung diskutiert.

Dass die Befürworter der Zinserhöhung bald Erfolg haben könnten, legt die vierteljährlich aktualisierte Zinsprognose der FED nahe. Dementsprechend wird im Offenmarkt-Ausschuss bis Ende des Jahres mit einer Erhöhung der Zinsen um 25 Basispunkte auf 0,5 bis 0,75 Prozent gerechnet.

FED plant für 2017 nur noch zwei Zinserhöhungen

Ende 2015, als die US-Notenbank den Leitzins erstmals seit der Finanzkrise um 0,25 bzw. 0,5 Prozent angehoben hatte, prognostizierte sie für 2016 vier weitere Zinserhöhungen, die im Juni 2016 auf zwei reduziert und durch die gestern erneut gezeigte Zurückhaltung zwangsläufig auf 2017 verschoben wurden.

„Eine Zinserhöhung im Dezember wird damit zu einem sehr wahrscheinlichen Ereignis“, äußerte Reinhart, der lange für die US-Notenbank gearbeitet und unter anderem die Geldmarktdivision des Fed geleitet hat. „Das stimmt weitgehend mit dem überein, was praktisch alle erwartet haben“.

Deutlich zurückgenommen wurde im Offenmarkt-Ausschuss auch die Höhe des erwarteten Zinsniveaus für die kommenden Jahre. Die Währungshüter erwarten nun im Durchschnitt bis Ende 2017 nur noch ein Zinsniveau von 1,1 statt vorher 1,6 Prozent, was gleichzeitig bedeutet, dass damit die Anzahl der Zinsschritte von 4 auf 2 reduziert wurde. Für 2018 wir statt 2,4 nur noch ein Zinsniveau von 1,9 Prozent erwartet.

Im ersten Halbjahr blieb auch die konjunkturelle Entwicklung hinter den Erwartungen der US-Notenbanker zurück. Der Offenmarkt-Ausschuss rechnet deshalb für 2016 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8 statt 2 Prozent. Für die darauffolgenden zwei Jahre wurde die Prognose bei 2 Prozent belassen. Die Arbeitslosenquote soll sich hingegen bis zum Jahresende 2016 leicht auf 4,8% sinken und die Kerninflationrate auf 1,7% steigen.

Börsen erfreut: FED verschiebt Zinserhöhung

Unterlassende Zinserhöhung der FED erfreut die Börsen

An den Finanzmärkten wurden der Zinsentscheid der FED positiv aufgenommen. Der US-Leitindex S&P 500 zog nach Bekanntgabe der vertagten Zinserhöhung an und schloss bei 2.163 Zählern und damit 1,1 Prozent höher als am Vortag. Der Dollar tendierte hingegen schwächer, während der Goldpreis auf 1.337.20 $ pro Unze und damit um 1,4 Prozent stieg.

In den Fokus rückt damit die übernächste Sitzung des Offenmarkt-Ausschusses Mitte Dezember, nachdem die nächste Sitzung Anfang November nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen stattfindet. Zu diesem Termin wird nicht mit einer Erhöhung der Zinsen gerechnet, da sich die FED nicht in dem Vorwurf aussetzen möchte, den Ausgang der Wahl durch ihre Geldpolitik irgendwie beeinflusst zu haben.

Zinserhöhung und Börsencrash locken 70 Billionen Dollar an

Wie der größte US-Vermögensverwalter Blackrock vor einigen Tagen bekannt gab, halten Investoren weltweit 70 Billionen Dollar an Geldvermögen zurück, weil sie mit der nächsten Krise und einem Börsencrash rechnen und erst danach wieder zu niedrigeren Kursen einsteigen bzw. zu günstigen Preisen einkaufen wollen. Obwohl die Notenbanken seit der Finanzkrise ca. 10 Billionen Dollar frisches Zentralbankgeld in die Finanzmärkte gepumpt und die Zinsen teilweise bis auf null gesenkt haben, sind Wirtschaftswachstum und Inflation nicht wie erwartet angesprungen, weil die Vermögenden gleichzeitig damit begonnen haben, immer mehr Geld aus Investments abzuziehen und statt dessen in Geld und Sachwerten zu horten.

Jamie Dimon hatte Zinserhöhung gefordert

Jamie Dimon, der Chef der US-Großbank JP Morgan, hatte öffentlich eine Zinserhöhung durch die FED eingefordert. Vor wenigen Tagen sagte Dimon während einer Diskussion im Economic Club of Washington:

„Lasst uns die Zinsen einfach erhöhen. Die FED muss ihre Glaubwürdigkeit behalten. Ich denke, es ist Zeit die Zinsen zu erhöhen. Die Rückkehr zum Normalen ist etwas Gutes.“

Möglicherweise ist die Aussage Jamie Dimons auch so zu interpretieren, dass die FED den bereinigenden Börsencrash nicht länger hinausschieben sondern durch eine Zinserhöhung zulassen sollte, damit die Vermögenden (die auf den nächsten Crash warten, wie der Investor George Soros) die zurückgehaltenen 70 Billionen Dollar – ein Drittel des Weltgeldvermögens – bald wieder investieren und so den nächsten Aufschwung auslösen.

Will die Federal Reserve die nächste Krise und einen Börsencrash verhindern, weil das gesamten Finanzsystem dadurch kollabieren könnte, müssten viele Notenbanken deutlich mehr Zentralbankgeld statt in die Finanzmärkte in die Realwirtschaft pumpen, um die Lücke, die durch die Zurückhaltung vieler Investoren, durch Zinsansprüche und die Zinslasten vieler Kreditnehmer besteht, auch nur annähernd ausgleichen zu können. Die damit verbundene Umgehung der Bankenbranche, die häufig auch als Helikoptergeld Erwähnung findet, würde es Bürgern und Unternehmen ermöglichen Schulden abzubauen sowie Wachstum und Inflation zu erzeugen. Allerdings wäre eine Abkehr von dieser Geldpolitik aller Wahrscheinlichkeit nach auch mit dem Ende des Schuldgeldsystems verbunden, wozu die neoliberale Finanzelite nicht bereit sein dürfte und deshalb lieber einen Börsencrash riskiert. Es bleibt also spannend, was die FED und mit welchen Folgen im Dezember 2016 beschließen wird.

Zusammenfassung:
Titel:
FED verschiebt Zinserhöhung erneut – 70 Billionen fehlen
Kurzbeschreibung:
US-Notenbank (FED) hat Zinserhöhung erneut verschoben und einen Börsencrash verhindert auf den Investoren warten und deshalb 70 Billionen Dollar horten!
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