Inflation

Allgemeine und aktuelle Bewertung der Inflation

Inflation bedeutet aufblasen und bezeichnet in der Volkswirtschaftslehre eine allgemeine und anhaltende Erhöhung der Güterpreise, gleichbedeutend mit einer Minderung der Kaufkraft des Geldes. Die Inflation wird entweder durch Preisänderungen von Gütern bestimmter Warengruppen oder durch die Preisänderungen aller Güter einer Volkswirtschaft gemessen. Bei vielen Zentralbanken wie etwa der Europäischen Zentralbank zählt die Wahrung der Preisstabilität zu den Kernaufgaben.

Thema Inflation (Inflationsschutzbrief)

Am häufigsten wird zur Messung der Inflation der Verbraucherpreisindex herangezogen. Dieser wird mit Hilfe eines Warenkorbs berechnet, der in einem bestimmten Jahr repräsentativ für einen durchschnittlichen Haushalt ermittelt wird. Seit Juli 2002 wendet das Statistische Bundesamt die sogenannte „Hedonische Preisbereinigung“ zur Berechnung der Inflation für manche Warengruppen an. Dabei soll die Qualitätssteigerung von Produkten bei ihrer Bewertung mit berücksichtigt werden. Diese Methode wird überwiegend für Produkte verwendet, die einem raschen Wandel unterliegen und die nicht über einen längeren Zeitraum in identischer Form beobachtet werden können.

Warenkorb als Inflationsindikator

Auf Grundlage dieses Warenkorbs und des damit festgelegten Basisjahres werden für jedes Jahr die Lebenshaltungskosten und die daraus resultierende prozentuale Steigerung oder Senkung zum Vergleichs- oder Vorjahr ermittelt. Für jeden Monat ermittelt in Deutschland das Statistische Bundesamt die Preisentwicklung. Probleme bei der Messung dieser Zahlen resultieren vor allem daraus, dass mit zunehmendem Abstand zum Basisjahr der Warenkorb immer weniger repräsentativ ist, da das Konsumentenverhalten sich permanent ändert. So finden zum Beispiel Innovationen im Warenkorb nur teilweise Berücksichtigung. Außerdem fehlt es an der Berücksichtigung des Konsumverhaltens, wenn sich Produkte verteuern und die Konsumenten auf vergleichbare billigere Produkte umsteigen. Die Zusammensetzung unterscheidet auch nicht nach den unterschiedlichen Einkommensgruppen, die aber gerade deshalb ein völlig anderes Konsumverhalten haben.

Außerdem werden wichtige Wirtschaftsbereiche wie Finanzgüter und Immobilien nicht berücksichtigt. So konnte man in den Jahren 2002–2009 im Dollarraum und im Euroraum ein deutliches Wachstum der Geldmenge feststellen, was nach der Quantitätsgleichung zu Preissteigerungen führen müsste. Diese Preissteigerungen fand man in Bereichen, die vom Index der Lebenshaltungskosten nicht erfasst werden, etwa den Finanzgütern wie Hedge-Fonds sowie in den Immobilienmärkten. So geht etwa eine Steigerung der Immobilienpreise nicht in den Index der Lebenshaltungskosten ein. Steht dieser Ausweitung der Geldmenge keine entsprechende Erhöhung des Realgüterangebots gegenüber, so steigt das Preisniveau, ohne dass diese Tatsache aus dem Index der Lebenshaltungskosten hervorgeht. Seit Juli 2002 wird in Deutschland die Inflation wie in den USA und Großbritannien nach der hedonischen Methode berechnet. Dieses qualitative Verfahren führt zu deutlich niedrigeren Inflationszahlen, was offensichtlich gewollt ist.

Weitere Methoden der Inflationsmessung

Die Einführung der hedonischen Preisbereinigung führt zu deutlich geringeren Inflationsraten. Kritiker bemängeln, dass die hedonische Preisbereinigung nicht Produktverschlechterungen (zum Beispiel billigere Bauweise, schlechtere Qualität und kürzere Lebensdauer) berücksichtige. Neben dieser rein statistischen Methode hat sich in den Wirtschaftswissenschaften der Lebenshaltungskosten-Index etabliert. Dabei werden die Ausgaben gemessen, die Wirtschaftssubjekte zum Erreichen eines bestimmten Nutzens tätigen müssen.

Die gefühlte Inflation

Die Höhe der Inflation wird von den Konsumenten sehr unterschiedlich empfunden. Ein Grund für die Differenz zwischen gefühlter und gemessener Inflation ist die Tatsache, dass im Warenkorb sowohl Produkte des täglichen Bedarfs als auch langlebige Konsumgüter enthalten sind, die je nach Einkommensgruppe völlig unterschiedlich konsumiert aber einheitlich gewichtet werden. Die Wahrnehmung von Preisveränderungen ist für die Waren des täglichen Bedarfs höher als diejenige für langlebige Konsumgüter. Damit liegt die gefühlte Inflation bei den Geringverdienern höher, weil sie mehr Geld für die Waren des täglichen Bedarfs ausgeben müssen. Hinzu kommt, dass Preissteigerungen bei Belastungen die abgebucht werden, wie Miete, Versicherung, Energie und Wasser geringer wahrgenommen als bei anderen Gütern. Ein Phänomen, das auch bei allen anderen unbaren Zahlungen auftritt. Beispiel USA: Die Nation mit der größten Anzahl von Kreditkarten pro Kopf ist gleichzeitig auch die größte Konsumgesellschaft.

Das Phänomen der „gefühlten Inflation“ wurde insbesondere nach der Einführung des Euro breit diskutiert. 2002 kam es in einigen Ländern der Eurozone zu einem Auseinanderklaffen zwischen den Inflationsraten, wie sie einerseits die Bevölkerungen wahrgenommen, andererseits von den statistischen Ämtern ermittelt wurden. Aus diesem Grund haben einige Experten in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt den Index der wahrgenommenen Inflation für Deutschland berechnet. Es zeigte sich, dass die wahrgenommene Inflation bei der Euro-Bargeldeinführung deutlich höher lag als die amtliche Inflationsrate. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass die Anbieter von Lebensmitteln, Benzin, Verkehr und die Gastronomie die Währungsumstellung von Deutsche Mark auf Euro nutzten, um lange fällige Preiserhöhungen mit einem Schlag durchzuführen. Die Differenzen in der Eurozone zwischen der gefühlten und amtlichen Inflation sind aber auch darauf zurückzuführen, dass die Südländer ihre Löhne durch die Möglichkeit sich billig verschulden zu können, angehoben haben, während in Deutschland die Löhne durch den Pakt zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften und durch die Einführung von Hartz IV unter Druck gerieten und dadurch sanken. Das ist einer der Gründe dafür, warum es der Wirtschaft in Deutschland heute besser, der Wirtschaft in vielen anderen Ländern der Eurozone hingegen entschieden schlecht geht.

Inflation nach Mises

Ludwig von Mises, ein Vertreter der Österreichischen Schule, verstand unter Inflation die Ausweitung der ungedeckten Geldmenge durch die Geschäftsbanken (Geldschöpfung). Durch zyklisches und unkontrolliertes Wachstum der Geldmenge durch Kredite entstünden künstlich niedrigen Zinsraten. Durch die Inflation und die Kreditexpansion würde das gesamte Preissystem verzerrt, der Preis verliere seine Funktion der Information über Knappheit, unproduktive Produktionsweisen würden dadurch künstlich am Leben gehalten. Neu geschaffenes Geld wird einerseits von der Zentralbank geschöpft und fließt zu den Geschäftsbanken, andererseits wird Geld aber auch in erheblichem Maße von den Geschäftsbanken durch die Kreditvergabe geschöpft (siehe Geldschöpfung) und gelangt so zu den Marktteilnehmern, die mit diesem neuen Geld Güter nachfragen. Diese zusätzliche Nachfrage wird in steigenden Preisen sichtbar, sofern die Marktteilnehmer noch kreditwürdig sind. Die Ursache für Inflation ist damit in der Schöpfung von ungedecktem Geld so wie in gesetzlich privilegierten Institutionen des Bank- und Finanzwesens zu finden. Ludwig von Mises hat damit auch eine Erklärung gefunden, warum sich die Inflation nicht gleichmäßig in allen Preisen widerspiegelt.

Entwicklung der Inflation seit 2002

Seit 2002 haben wir neben den Preissteigerungen bei Gütern des täglichen Bedarfs infolge der Euro-Einführung tatsächlich eine stetig steigende Inflationsrate, die nach unserer Berechnung bei durchschnittlich 5 – 6% liegt. Dieser Anstieg der Inflation ist auf die Überdehnung der Geldmenge zurückzuführen, die von den Geschäftsbanken bis 2009 durch Kreditvergabe erzeugt wurde (siehe Geldsystem).

Warum ist diese steigende Inflationsrate nur als gefühlte Inflation aufgefallen? Einerseits deshalb, weil der Warenkorb die oben beschriebenen Fehler zu einer sinnvollen Berechnung der Inflationsrate aufweist. Andererseits weil die hedonische Preisbereinigung angewendet und dabei nicht berücksichtigt wurde, dass mit zunehmender Tendenz immer mehr in Billiglohnländern produziert wird. Obwohl dadurch die Preise sinken müssten, weil die Produktion billiger ist, bleiben die Preise bei einer gleichzeitig immer schlechter werdenden Qualität gleich, ohne das dies bei der Inflationsberechnung berücksichtigt wird. An der Entwicklung der Textilbranche in den letzten 15 Jahren wird das besonders deutlich: Während im Westen nur Edeltextilien produziert werden, kommt die Massenware nur noch als Ländern wie Bangladesh, Indien oder China.

Seit 2009 hat die Inflationsrate in der Realwirtschaft als Folge der Finanzkrise abgenommen, weil die Geschäftsbanken in der Eurozone die Kreditvergabe und damit die Geldschöpfung zurückgefahren haben. Dadurch sank die Geldmenge.

Exkurs zur Finanzkrise: Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers mussten viele Staaten ihre Banken mit Staatsgarantien retten, weil die von den Banken selbst geschöpfte Kreditgeldmenge aufgrund des gegenseitigen Vertrauensverlustes massiv rückläufig war, wodurch den Banken riesige Verluste entstanden, weil die Spekulationen, die vorher alle Banken gemeinsam betrieben hatten, durch die gesunkene Geldmenge nicht mehr aufgingen. Dadurch stiegen die Schulden der Staaten, weil die Staaten den Banken durch Garantien Aktiva verschaffen mussten, um die durch die Finanzkrise gesunkene Buchgeldmenge, die ebenfalls als Aktiva bilanziert wurde, ausgleichen zu können. Nur so war es möglich die Überschuldung der Banken und einen Crash des Finanzsystems zu verhindern. Hätten die Staaten das Geld über ihre Zentralbanken gedruckt und den Banken geliehen, hätte sich an der bilanziellen Überschuldung der Banken nichts geändert.

Infolge der Finanzkrise und des Zusammenbruchs des Interbankenmarktes waren viele Banken gezwungen ihre Kreditvergabe an Unternehmen und Haushalte einzuschränken. In mehreren Staaten kam es dadurch zu einer Rezession. Vielen Unternehmen fehlte plötzlich Liquidität, worauf ein massiver Stellenabbau folgte. Dadurch sank das verfügbare Einkommen vieler Haushalte mit dem Ergebnis, dass der Konsum eingeschränkt werden musste. Zwar hat die Kreditvergabe nach 2009 in der Eurozone sukzessive wieder zugenommen, jedoch nicht in dem Maße, dass trotz der Zinslasten aus der bis 2008 lockeren Kreditvergabe-Politik der Banken, heute wieder genug Liquidität zur Verfügung steht um genug Investitionen in die Realwirtschaft zu finanzieren. Dadurch sinken in diesen Ländern die Preise – es entsteht Deflation. Um das zu verhindern, musste die EZB die Zinsen immer weiter absenken.

Aktuelle Inflation in 2015 (Zusammenfassung)

Wir haben also einerseits Inflation bei Aktien und Immobilien, weil die Banken gegenüber der Realwirtschaft Kredite zurückhalten und lieber in Aktien und Immobilien investieren. Aktien werfen Kursgewinne und Dividenden ab und sind schneller zu liquidieren als Kredite. Immobilien können Banken mit selbst geschöpftem Geld erwerben und versprechen durch die zunehmend sachwertorientierte Anlagestrategie der Vermögenden schnellere Gewinne als Zinserträge aus Krediten. Andererseits haben wir auch eine leichte Deflation in der Realwirtschaft, weshalb die EZB versucht die Banken mit Negativzinsen zu einer Kreditvergabe anzuregen, wodurch Liquidität in die Realwirtschaft fließen soll und so den Druck auf die Unternehmen verringert, die Preise zu senken, um an Geld zu kommen. Dass funktioniert aber nicht, solange der Verschuldungsgrad sehr hoch ist, denn die Banken geben in der gegenwärtigen Situation nicht denen Kredite die sie bräuchten, sondern nur denen die gute Schuldner sind. Denn die Banken wissen, dass die Finanzbranche  durch Kredite die Geldmenge in Zyklen aufbläht, dadurch Blasen erzeugt und wenn diese platzen, die Kreditgewährung wieder zurückfährt. Dadurch sinkt die Geldmenge und die Liquidität im Geldkreislauf nimmt ab. Kreditnehmer die über wenig Eigenkapital und wenige Sicherheiten verfügen, können dann ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen.

Inflation und Deflation

Die Niedrigzinsen der EZB führen auch dazu, dass es neben Aktien kaum noch andere zinsbringende Anlagemöglichkeiten gibt und so immer mehr Wirtschaftssubjekte in Aktien gedrängt werden. Es entsteht eine sog. Asset-Inflation, also eine Blase an den Börsen, die wie immer platzt, wenn zu viel Geld in zu kurzer Zeit in einer Anlageklasse fließt, wodurch die Preise zu stark steigen. Die letzte Aktienblase wurde im Jahr 1999 sichtbar, als alle für Aktien trommelten und auch die Privatanleger sich diesem Sog nicht entziehen konnten. In 2001 kam dann der Crash. Die Situation Anfang 2015 erinnert an 1999, denn wegen der Attraktivität von Aktien versuchen immer mehr Unternehmen jetzt noch schnell an die Börse zu gehen, um Kasse zu machen, bevor die neu entstehende Blase am Aktienmarkt – vielleicht schon in 2016/2017 – platzt.

Weitere Beiträge zum Thema Inflation: