ANFA: Geheimabkommen des EZB-Systems aufgeflogen

ANFA aufgeflogen! Die nationalen Notenbanken der Eurozone nutzen seit Einführung des EZB-Systems in 1999 ein Geheimabkommen, das es ihnen erlaubt, heimlich Staatsanleihen aufzukaufen. Dieses von Kritikern als Instrument der verdeckten Staatsfinanzierung enttarnte Geheimabkommen ANFA, ist nun aufgeflogen, und wird das ohnehin schon angeschlagene Vertrauen in das Geldsystem, in die Geldpolitik der EZB und in die Institution Europäische Znetralbank weiter erschüttern. Was steckt hinter ANFA?

EZB: Geheimabkommen ANFA aufgeflogen

Das im März 2015 von der Europäischen Zentralbank (EZB) gestartete Programm zum Ankauf von Staatsanleihen sowie seine Ausweitung sind höchst umstritten und sorgen seither für immer neuen Diskussionsstoff. Die Notenbanken der Eurozone hatten jedoch schon jahrelang Staatsanleihen und andere Wertpapiere heimlich im Rahmen des Geheimabkommens ANFA (Agreement on Net Financial Assets) zur Bewältigung der Eurokrise und Schuldenklrise aufgekauft. Ist das verdeckte Staatsfinanzierung?

EZB-System: Geheimabkommen ANFA aufgeflogen

ANFA regelt die Wertpapier- und Anleihenkäufe der Notenbanken der Eurozone auf eigene Rechnung. Unter dem Deckmantel des ANFA-Abkommens sollen zwischen 2006 und 2012 Wertpapiere im Wert von rund 510 Milliarden Euro aufgekauft und im Gegenzug frisches Geld in die Finanzmärkte gepumpt worden sein. Ende 2014 soll das Volumen der erworbenen Staatsanleihen im Rahmen des ANFA-Abkommens bereits mehr als 720 Milliarden Euro betragen haben.

Wie es zu dem ANFA-Geheimabkommen kam

Das ANFA-Abkommen geht zurück auf die Gründung des EZB-Systems (Europäische System der Zentralbanken) in 1999 und die zahlreichen Aufgaben, wie das Management von Währungsreserven, welche die nationalen Notenbanken vor der Zusammenlegung wahrgenommen hatten. Um diese Aufgaben neben der Geldpolitik erfüllen zu können, ließen sich die europäischen Zentralbanken bei der Gründung des EZB-Systems gewisse Sonderrechte, wie den Ankauf von Staatsanleihen und anderen Assets auf eigene Rechnung einräumen, um zusätzliche Renditen erwirtschaften zu können. Kritisch ist, dass der Ankauf dieser Assets immer mit neu gedrucktem, bzw. gebuchtem Geld erfolgt, wodurch die Zentralbank-Geldmenge steigt. Der Ankauf von Assets im Rahmen von ANFA ist somit geldpolitisch von erheblicher Bedeutung, auch wenn sie auf dem Papier nicht explizit geldpolitischen Zwecken dient.

Nachdem es sich jedoch um ein Geheimabkommen handelt, wurden bisher nur einige Details über ANFA durch die Dissertation eines Berliner Finanzwissenschaftlers bekannt, dem der explosionsartige Anstieg der „sonstige Wertpapiere“ in den Bilanzen der Notenbanken seit Beginn der Eurokrise in 2009 aufgefallen war und und der dem Verdacht der verbotenen Staatsfinanzierung nachgegangen war.

EZB durch ANFA unter Beschuss

Kritiker der bisherigen EZB-Geldpolitik waren regelrecht schockiert über die jüngsten Enthüllungen. Das ANFA-Programm schade aufgrund seiner Intransparenz der Glaubwürdigkeit der EZB als Institution sowie ihrer Geldpolitik, kritisierte die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel. Zudem sei es mehr als beunruhigend, wenn selbst der EZB-Präsident Mario Draghi bei der Pressekonferenz zur EZB-Entscheidung am 03.12.2015, die Details des ANFA-Abkommens als kompliziert bezeichne, und er deshalb nur sagen könne, dass verdeckte Staatsfinanzierung damit nicht betrieben werde, kritisierte der Wirtschaftsweise Lars Feld aus dem Sachverständigenrat der Bundesregierung.

Prof. Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut sagte zu den Enthüllungen des ANFA-Geheimabkommens: „Das Schöne am Euro ist, dass man sich im eigenen Keller Geld drucken kann, das in anderen Ländern als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt ist“. Das Geheimabkommen zeige, dass „das EZB-System zu einem Selbstbedienungsladen verkommen ist.“

Die Notenbanken Italiens und Frankreichs haben die höchsten Asset-Ankäufe der Eurozone über ANFA zu verzeichnen, womit die Banca d‘Italia ebenso wie die Banque de France jeweils ca. 110 Milliarden Euro zusätzlich in Umlauf gebracht haben. Die Deutsche Bundesbank hat hingegen nur 12,4 Milliarden Euro an Assets über ANFA erworben.

Bewertung des ANFA-Geheimabkommens

Es lässt sich durchaus nachvollziehen, dass die Zusammenlegung von mehreren Notenbanken zum neuen EZB-System für sich genommen eine massive Veränderung bedeutete, und vermutlich auch anderswo nicht ohne Kompromisse hätte durchgesetzt werden können. Es ist jedoch ein höchst intransparentes Instrument, über das nur befristet der Deckmantel des Schweigens hätte gehüllt werden dürfen. Denn kommen in Krisenzeiten solche Informationen ans Licht, schwindet das Vertrauen in das Geldsystem und die darauf aufbauende Geldpolitik der EZB schneller als es sich die Zentralbanker vorstellen können.

In einem Schuldgeldsystem, in welchem der Wert des Geldes von dem Vertrauen in die Rückzahlungsfähigkeit der Schulden abhängt, die so hoch sind, dass die Schulden weiter steigen müssen, damit genug Liquidität zur Verfügung steht, um die fälligen Zinsen bezahlen zu können (siehe Zinseszinseffekt), kann sich die EU keinen Vertrauensverlust durch Geheimabkommen wie ANFA leisten. Natürlich ist ANFA ein Mittel zur verdeckten Staatsfinanzierung, auch wenn der EZB-Präsident Mario Draghi das vehement bestreitet. Denn die Tatsache, dass es sich um ein Geheimankommen handelt und nur die EZB und die nationalen Notenbanken davon wussten, bestätigt ja gerade, dass der Kauf von Staatsanleihen durch nationale Notenbanken für alle anderen Interessenten nicht erkennbar sein sollte und somit verdeckt erfolgen musste.

Die gigantischen Summen welche die Notenbanken der Eurozone durch ANFA in Umlauf gebracht haben, sind größer als die Beträge, die der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM trotz massiver Proteste vieler Bürger zur Rettung bedrohter Staaten und Banken eingesetzt hat. Insofern muss die EZB das Geheimabkommen ANFA umgehend in ein transparentes Abkommen umwandeln, und dadurch verhindern, dass das Vertrauen in die Europäische Zentralbank weiter erschüttert wird. Die Eurozone, die neben einem grundsätzlichen Vertrauensdefizit unter der ungleichen Wettbewerbsfähigkeit, der Eurokrise, hohen Staatsschulden, hoher Arbeitslosigkeit, Flüchtlingsströmen, fehlender Solidarität und dem Erstarken rechter Parteien leidet, könnte ansonsten zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt tatsächlich auseinander brechen.

Die seit 2008 immer größer gewordenen Summen, die in das Finanzsystem fließen müssen, zeigen vor allem aber eines sehr deutlich: Der Zustand des herrschenden Geldsystems (Schuldgeldsystems) ist, zurückhaltend formuliert, mehr als bedenklich! Experten wie der frühere Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Dr. Thomas Mayer, befürchten deshalb in absehbarer Zeit einen Kollaps des Geldsystems!