USA seit dem 27. April 2020 in der Rezession

USA seit April 2020 in Rezession

Alle Daten und Indikatoren zeigen, die USA befinden sich bereits in einer Rezession. Auch der Indikator von Jeremy Piger, einem Professor an der Universität von Orgeon, der die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA im Auftrag der Federal Reserve von St. Louis berechnet, ist auf 100% angestiegen. Werden auch die Aktienmärkte die Rezession bald zur Kenntnis nehmen oder ist sie im Rahmen der Corona-Krise schon eingepreist?

Ein Beitrag von  Bernhard-Albrecht Roth

08.05.2020: Es ist zwar noch nicht offiziell, aber seit dem 27. April steht praktisch fest, dass sich die USA in der Rezession befinden. Das geht zum einen aus der Entwicklung des Weekly Economic Index der New York Federal Reserve und zum anderen aus den auf 33 Millionen angestiegenen Anträgen auf Arbeitslosenhilfe unzweifelhaft hervor.

USA seit dem 27. April 2020 in der Rezession

Eine Rezession wird grundsätzlich definiert als eine Phase in der die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen im Vergleich zu den vorherigen Quartalen entweder nicht wächst oder einen Rückgang verzeichnet. In den USA werden die Konjunkturzyklen vom  National Bureau of Economic Research (NBER)  beobachtet und veröffentlicht. Das NBER schreibt je nach Datenqualität unterschiedlichen Indikatoren die Fähigkeit zu, die wirtschaftliche Aktivität zutreffend abzubilden. In der Finanzkrise von 2007/2008 war insbesondere die Arbeitslosenquote für das NBER der maßgebliche Indikator für den Beginn der Rezession bzw. das Ende des laufenden Konjunkturzyklus.

Das NBER ist damit auch die Behörde, der die offizielle Feststellung des Rezessionsbeginns obliegt. Ich gehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass das NBER den Beginn der US-Rezession rückwirkend auf den Monat April datieren wird, nachdem in diesem Monat sowohl die Anträge auf Arbeitslosenhilfe massiv angestiegen sind als auch die Wirtschaft massiv eingebrochen ist. Beides ist in dieser Dimension seit der großen Depression in den 1930er Jahren nicht mehr aufgetreten. Die folgenden Grafiken verdeutlichen das dramatisch.

USA in Rezession: 33 Millionen Anträge auf Arbeitslosenhilfe

USA in Rezession: 33 Millionen Anträge auf Arbeitslosenhilfe

USA in Rezession: Weekly Economy Index fällt auf minus 11,59%

USA in Rezession: Weekly Economic Index minus 11,59%

Der Weekly Economy Index (WEI) der New York Federal Reserve ist ein Index über die reale Wirtschaftsentwicklung, dem aktuelle und relevante Daten zugrundeliegen. Er zeigt die Zusammenfassung von zehn verschiedenen täglichen und wöchentlichen Datenserien, die das Verbraucherverhalten, den Arbeitsmarkt und die Produktion erfassen. Der WEI ist auf die BIP-Wachstumsrate von vier Quartalen skaliert. Wenn der WEI beispielsweise minus 2 Prozent beträgt und das aktuelle Niveau des WEI für ein ganzes Quartal anhält, wird erwartet, dass das BIP in diesem Quartal im Durchschnitt um 2 Prozent niedriger ist als ein Jahr zuvor. Der aktuelle Stand des WEI von minus 11,59% lässt also erwarten, dass das BIP der USA im 2. Quartal in gleicher Höhe fallen und aufgrund des massiven Einbruchs auch im 3. Quartal und 4. Quartal negativ bleiben wird.

USA in Rezession: Smooth Recession Probabilitiy steigt auf 100%

Warum ich den Beginn der US-Rezession auf den 27. April datiert habe, liegt daran, dass der „US- Smooth Recession Probabilities“-Indikator von Jeremy Piger,  einem Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität von Oregon, dessen Berechnung der Wahrscheinlichkeit einer Rezession auf den Webseiten der Fed von St. Louis als Indikator veröffentlicht wird, am 27. April auf 100% gestiegen ist (siehe folgende Grafik).

USA seit dem 27. April zu 100% in der Rezession

Das ist insofern beachtlich, da dieser Indikator in der offiziellen Grafik, die ich einen Tag zuvor, also am 26. April, bei der Fed von St. Louis abgerufen hatte, für den Februar 2020 nicht bei den jetzt angezeigten 32% stand, sondern nur bei 0,66%, wie die folgende Grafik zeigt.

Jeremy Pilger: USA seit dem 27. April 2020 in Rezession

Ich kann kann nur spekulieren, was der Grund für die nachträgliche Berichtigung der Rezessionswahrscheinlichkeit war. Wollte hier jemand die Aussagekraft seines Indikators verteidigen oder den Anstieg der Wahrscheinlichkeit für eine Rezession der Öffentlichkeit vorenthalten, ich weiß es nicht. Aber wenn die Fed von St. Louis diesen Indikator auf ihren Webseiten veröffentlicht, scheint sie ihm eine nicht unbedeutende Relevanz beizumessen.

Dieser Gesichtspunkt würde für die zweite Möglichkeit sprechen, der Öffentlichkeit den Anstieg der Wahrscheinlichkeit für eine Rezession vorenthalten zu wollen. Wenn das so war und der blaue Verlauf der tatsächlichen Berechnung entspricht, dann ist daran interessant, das die Wahrscheinlichkeit des Indikators für eine Rezession bereits vor dem Ausbruch der Corona-Epidemie in den USA deutlich angestiegen ist. Daraus würde sich dann die Schlussfolgerung ableiten, dass die Rezession in den USA vermutlich auch ohne die Corona-Krise im April oder Mai begonnen hätte, da Prof. Piger eine zweimalige Bestätigung der überschrittenen 30% Hürde (erstmals im Februar 2020) als  relevante Größe für den Beginn der Rezession definiert.

Sollte der Grund für die nachträgliche Korrektur aber die Verteidigung der Aussagekraft des Indikators gewesen sein, dann stellt sich die Frage, warum Herr Piger als Professor einer angesehenen Wirtschaftsuniversität, den Indikator nachträglich von 0,66% auf 100% und nicht auf 60% oder 70% angehoben hat. Denn das würde nur Sinn ergeben, wenn in Fachkreisen absolut kein Zweifel mehr daran besteht, dass sich die USA bereits in der Rezession befinden.

Es war natürlich „Glück“ im Unglück, dass der Beginn der US-Rezession genau in den Zeitraum gefallen ist, den ich  in mehreren Beiträgen  (erstmals im September 2019) prognostiziert hatte. Allerdings wäre meine Prognose ohne den Ausbruch der Corona-Epidemie vielleicht nicht ganz so zutreffend gewesen. Es drohte zwar bereits das  platzen der Aktienblase  und anderer Asset-Blasen, aber das hätte sich vielleicht noch einige Wochen oder Monate hinziehen können, bevor die USA tatsächlich  in die Rezession gerutscht  wären. Allerdings signalisierten die ständigen Interventionen der Fed am Repo-Markt bereits seit September 2019, dass das Limit der Verschuldung im laufenden Kreditzyklus erreicht war. Grundsätzlich lässt sich also sagen, dass der Beginn einer Rezession anhand der verfügbaren Indikatoren immer nur annähernd abschätzbar ist.

Wann reagieren die Aktienmärkte auf die US-Rezession

Nicht vor oder während jeder Rezession sind die Aktienmärkte in den USA stark eingebrochen. Seit dem Jahr 2000 ist das anders, denn sowohl in der Dotcom-Krise als auch in der Finanzkrise sind die Aktienmärkte jeweils stark eingebrochen. Und so dramatische Folgen für die Wirtschaft wie durch die Corona-Epidemie hat es zuletzt in der großen Depression der 1930er Jahren gegeben, als die Aktienmärkte sogar um 90% gefallen sind.

Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass der  Börsencrash zwischen Februar und März  noch nicht den Boden der Abwärtsbewegung markiert hat, sondern die Aktienmärkte nach der Bärenmarktrallye (temporäre Erholungsphase) deutlich unter die Tiefststände im März fallen werden. Teilweise ist die Corona-Krise und damit auch die US-Rezession zwar schon eingepreist, aufgrund der massiven Geldspritzen der Federal Reserve aber nur als ein vorübergehender Effekt (V) und ohne Folgeeffekte.

Eine V-förmige Entwicklung, schnell nach unten und schnell wieder nach oben, so wie die Aktienmärkte das bisher eingepreist haben, wird es aber nicht geben, denn die Berichte der US-Unternehmen für das 2. Quartal werden im Juli mit hoher Wahrscheinlichkeit katastrophal ausfallen. Und das ist keineswegs eingepreist und wird erhebliche Folgeeffekte haben, wie den Rückgang der Giralgeldmenge und das platzen der durch Aktienrückkäufe seit 2016 aufgepumpten Aktienblase in den USA. Wie tief die Aktienmärkte diesmal fallen werden, darüber hatte ich  in diesem Beitrag  schon Mutmaßungen angestellt und  in einem weiteren Beitrag  die Gründe genannt, warum ich einen zweiten Börsencrash spätestens im 3. Quartal 2020 erwarte.

Im nächsten Beitrag werde ich der Frage nachgehen, ob viele Börsianer unter Realitätsverlust oder Unwissenheit leiden, wenn sie am Beginn einer Rezession von Einkaufskursen an den Aktienmärkten sprechen.

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Zusammenfassung:
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USA seit dem 27. April 2020 in der Rezession
Kurzbeschreibung:
USA seit April 2020 in der Rezession, das zeigen der Weekly Economic Index (WEI) und die auf 33 Millionen angestiegenen Anträge auf Arbeitslosenhilfe.
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