Geldpolitik: EZB vor erneuter Lockerung

Die großen Zentralbanken der Welt haben seit dem Ausbruch der Finanzkrise in 2008 mit einer lockeren Geldpolitik viel Geld in die Finanzmärkte gepumpt, Zinsen gesenkt und Negativzinsen eingeführt, um die globale Konjunktur anzukurbeln. Anfangs noch mit Erfolg, zeigen die aktuellen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank von Japan jedoch kaum noch Wirkung. Deshalb bereiten die beiden Zentralbanken weitere Lockerungen vor. Der Zwang zu einer erneuten Lockerung der Geldpolitik durch EZB und BOJ ist der Tatsache geschuldet, dass der Zustand der Weltwirtschaft schlechter ist, als bislang zur Kenntnis genommen wurde.

Geldpolitik - EZB steht vor erneuter Lockerung

Geldpolitik: EZB steht vor erneuter Lockerung

Mit Blick auf die sich abkühlende Weltwirtschaft und die volatilen Aktienmärkte rechnen Experten mit weiteren Zinssenkungen vieler Notenbanken. Die EZB hatte erst im Dezember 2015 den Einlagenzinssatz auf minus 0,3 Prozent gesenkt und das gewaltige Ankaufprogramm für Staatsanleihen bis 2017 verlängert. Es wird auch erwartet, dass die EZB dieses Jahr ihren Einlagenzins auf minus 0,5 Prozent senken wird. Vor wenigen Tagen bereitete EZB-Präsident Draghi die Finanzmärkte auf die Möglichkeit einer weiteren Lockerung der EZB-Geldpolitik ab März 2016 vor (siehe Video). Die wesentlichen Gründe dafür seien laut EZB, der niedrige Ölpreis, die Schwäche vieler Schwellenländer, die drohende Gefahr einer Deflation sowie die hohen Schwankungen an den Finanzmärkten.

Bank von Japan lockert ebenfalls die Geldpolitik

Letzte Woche führte die Bank von Japan (BOJ) völlig überraschend negative Zinsen ein. Die japanische Zentralbank folgte damit dem Beispiel der EZB und senkte den Einlagenzinssatz für Banken ebenfalls in den negativen Bereich auf -0,1 Prozent ab. Sie kündigte auch an, die negativen Zinsen, falls nötig, noch weiter in den negativen Bereich abzusenken. Wie zuvor Mario Draghi, der Präsident der EZB, der mit der Aussage „was immer nötig sein wird“, die Finanzmärkte beruhigte, erklärte nun auch Haruhiko Kuroda, der Gouverneur der BOJ, dass es für eine expansive Geldpolitik quasi keine Grenzen gebe. Die Bank von Japan sendete damit ein starkes Signal an die Finanzmärkte, das jedoch nur solange wirkt, wie den Zentralbanken die Bekämpfung der Probleme zugetraut wird.

Kehrt die FED zu einer lockeren Geldpolitik zurück?

Immer mehr Experten rechnen damit, dass auch die angekündigten weiteren Zinsanhebungen der US-Notenbank (FED) nicht kommen werden, nachdem sich die Wirtschaft in den USA nur schleppend entwickelt und wichtige Kennzahlen zudem eine Rezession signalisieren. Kritische Stimmen gehen sogar davon aus, dass die US-Notenbank Federal Reserve (FED) mittelfristig die angestrebte geldpolitische Normalisierung abbrechen und zu einer lockeren Geldpolitik zurückkehren werde, um die sich immer mehr abzeichnende Gefahr einer Weltwirtschaftskrise zu bekämpfen.

EZB und Notenbanken wollen Weltwirtschaftskrise verhindern

Die Notwendigkeit zu weiteren geldpolitischen Anreizen der Zentralbanken, ist den immer deutlicher sichtbaren Signalen geschuldet, die einen schlechten Zustand der Weltwirtschaft zeigen. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass die EZB ab März weitere Lockerungen der Geldpolitik vornimmt. Ein bekannter Frühindikator für die Lage der globalen Konjunktur, ist der sog. Baltic-Dry-Index, der über die aktuelle Entwicklung der Frachtkosten Aufschluss gibt. Dieser ist auf den niedrigsten Stand gefallen, der jemals ermittelt wurde. Auch der IWF hat kürzlich seine Prognose für das globale Wirtschaftswachstum in 2016 um 0,2 Prozent gesenkt. Von William White, dem ehemaligen Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel (BIZ), äußerte jüngst seine verheerende Prognose, wonach der Weltwirtschaft eine schlimmere Rezession als durch die Finanzkrise drohe.

Die Marktteilnehmer wüssten unterschwellig, dass das derzeitige Umfeld nicht normal sei, weshalb sie damit rechneten, dass irgendetwas passieren wird. Bei solchen Rahmenbedingungen können viele Ereignisse zu Kursturbulenzen an den Märkten führen, sagte William White kürzlich in einem Interview. Neben William White sind auch weitere Experten ähnlich pessimistisch gestimmt.

Was für die Lockerung der EZB-Geldpolitik spricht

Tatsächlich gibt es viele Gründe für eine nahende Weltwirtschaftskrise: überschuldete Schwellenländer und der niedrige Ölpreis, Krieg im Nahen und Mittleren Osten, daraus resultierende Flüchtlingsströme, eine drohende Rezession in den USA, der Freibrief des Kongesses für militärische Interventionen der US-Regierung, die wachsende Umverteilung von unten nach oben, der fragile Zustand von Banken und Finanzsystem, ein Versagen der globalen Klimapolitik, das sinkende Vertrauen der Bürger in viele Regierungen, der mögliche Zerfall der Eurozone; alles Themen, die auch Gegenstand des diesjährigen Weltwirtschaftsforums in Davos gewesen sind (World Economic Forum).

Der Global Risk Report des WEF hat in seiner elfjährigen Geschichte bisher noch nie eine „so breit gefächerte Risikolandschaft“ wiedergegeben. Die wirtschaftlichen Risiken können zwar mit einer massiven Lockerung der Geldpolitik – durch Notenbanken wie die EZB – erneut aufgeschoben jedoch leider nicht mehr aufgehoben werden!

Zusammenfassung:
Titel:
Geldpolitik: EZB steht vor erneuter Lockerung
Kurzbeschreibung:
Notenbanken bekämpfen drohende Weltwirtschaftskrise: EZB-Präsident Mario Draghi hat die Finanzmärkte vor wenigen Tagen auf die Möglichkeit einer weiteren Lockerung der EZB-Geldpolitik ab März 2016 vorbereitet!
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Inflationsschutzbrief © 2016

2 thoughts on “Geldpolitik: EZB vor erneuter Lockerung

  1. Mario Draghi ist gewissermaßen in Zugzwang geraten durch die Geldpolitik der japanischen Notenbank. In wie weit er sich davon beeinflussen lässt, wird sich zeigen. Jedenfalls wird er sich nicht gegen einen weltweiten Abwertungswettlauf stellen, sondern mitziehen. Und die FED wird früher oder später auch zurück rudern.

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