Bail-In: Italien enteignet Bankkunden und Kleinanleger

Rechtzeitig vor dem Inkrafttreten der neuen EU-Bankenabwicklungs-Richtlinie (BRRD), hat Italien die Vermögen von Bankkunden und Kleinanlegern in Höhe von 750 Millionen Euro enteignet, um in Schieflage geratene Banken vor der Pleite zu bewahren. Wir erklären, warum Italien mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das letzte Land in der Eurozone gewesen sein dürfte, in welchem Bankkunden und Kleinanlegern durch Bail-in die Enteignung droht.

Bail-In: Italien enteignet Bankkunden und Kleinanleger

Eine Vielzahl italienischer Banken hat seit mehreren Jahren zunehmend problematische Kredite in ihren Büchern. Die Summe der faulen Kredite beläuft sich derzeit auf etwa 200 Milliarden Euro. Die Banken in Italien haben seit Kurzem auch das Problem, frisches Geld am Anleihemarkt aufzunehmen, weil Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi die Vermögen von Bankkunden und Kleinanlegern von vier italienischen Genossenschaftsbanken im Dezember 2015 nach dem „Bail-in“-Verfahren enteignet hatte. Italiens Pläne sehen seit einem Jahr die Gründung einer Bad-Bank vor, was bisher an der ablehnenden Haltung der EU-Kommission gescheitert war, weil sie als verdeckte Staatsfinanzierung eingestuft wurden.

Enteignung verhindert die Pleite von Banken

Im Dezember 2015 waren vier Genossenschaftsbanken in der Toskana (Banca delle Marche, Banca Popolare dell’Etruria, Cassa di Risparmio di Ferrara und Cassa di Risparmio di Chieti) mit mehr als 1 Mio. Kunden von der Enteignung nach dem „Bail-in“-Prinzip betroffen. Etwa 130.000 Aktionäre und ca. 12.500 Anleger, unter denen sich auch viele kleine Sparer und Rentner befinden, wurden dabei um 750 Millionen Euro enteignet, um diese Genossenschaftsbanken anschließend mit Geldspritzen der italienischen Zentralbank, der UniCredit, der Intesa Sanpaolo, der Ubi Banca und des staatlichen Einlagensicherungsfonds über 3,6 Milliarden Euro sanieren zu können. Die faulen Kredite und risikobehafteten Anleihen dieser Banken sollen in einer Bad Bank gebündelt und anschließend an Investoren weiterverkauft werden.

In den Mainstream-Medien außerhalb Italiens wurde kaum über die Enteignung der Kleinanleger und Sparer berichtet, was natürlich erhebliches Mißtrauen bei allen Bankkunden und Anlegern in der restlichen Eurozone verursachen muss. Wir hatten schon in der Inflationsschutzbrief-Ausgabe 5/2013 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Bankguthaben in der Eurozone nicht mehr sicher sind!

Bail-In: Wie Italien Bankkunden und Kleinanleger enteignet

Es war kein Zufall, dass die Rettung der vier toskanischen Genossenschaftsbanken Ende 2015 stattfand. Denn die italienische Regierung konnte auf diese Weise die am 1. Januar 2016 in Kraft getretene europäische Bankenabwicklungs-Richtlinie (BRRD – Bank Recovery and Resolution Directive), die das „Bail-in“-Prinzip innerhalb der gesamten Eurozone neu regelt, umgehen, um damit auch das Vermögen von Kleinanlegern, Sparern und Rentnern unter 100.000 Euro enteignen zu können. Die neue EU-Richtlinie sieht nämlich den Schutz von Vermögen in Form von Bankguthaben und Bankanleihen unter 100.000 Euro vor, wodurch viele Kunden der toskanischen Genossenschaftsbanken nach dem 1. Januar 2016 nicht mehr hätten enteignet werden können.

Besonders unseriös erscheint die Tatsache, dass die betroffenen Banken in 2015 sowohl Anlegern als auch den eigenen Kunden massenhaft eigene Anleihen verkauften, obwohl sie um die eigene Schieflage wussten. Auch die italienische Bankenaufsicht, die ebenfalls um die Schieflage der toskanischen Banken wusste, ist nicht eingeschritten, sondern hat die Anleiheprospekte dieser Genossenschaftsbanken offensichtlich widerspruchslos akzeptiert, die mit Zinserträgen warben, die mit durchschnittlich 4 Prozent deutlich über denen der Konkurrenz lagen. Viele Anleger hatten nicht die geringste Ahnung, welche Risiken sich in den Büchern der Genossenschaftsbanken verbargen, deren nachrangige Anleihen sie kauften. Dadurch wurden institutionelle Großanleger zuerst befriedigt und die Kleinanleger, die der Enteignung durch nachrangige (zweitrangige) Ansprüche ausgesetzt waren, gingen häufig leer aus.

Die aufgebrachte Reaktion der Bankkunden zu ihrer Enteignung bringt die Regierung von Matteo Renzi erheblich unter Druck, die versucht, einen „privat finanzierten Ausgleichsfonds“ von bis zu 100 Millionen Euro aufzulegen. Italiens Finanzminister Padoan möchte den Fonds als „humanitäre Lösung“ für Kleinanleger und Sparer einsetzen, um damit zumindest für die Härtefälle einen Ausgleich zu schaffen, die mehr als 50 Prozent ihrer Ersparnisse durch die Enteignung verloren haben. Italien wird nach Zypern und Griechenland nicht das letzte Land in der Eurozone gewesen sein, in welchen es zur Enteignung von Bankkunden kommt.

Bail-In: Vermögen werden auch in anderen Ländern enteignet

Ursache dieser Entwicklung war die Finanzkrise, zu deren Bewältigung die Staaten das Finanzsystem der Welt mit dem Geld der Steuerzahler retten mussten. Dieser Geldtransfer von den Staaten an die Banken in dreistelliger Milliardenhöhe wurde als „Bail-out“ bezeichnet. Diese Summen erhöhten jedoch die Verschuldung der betroffenen Staaten um über 30 Prozent, weshalb die Politik nach Lösungen suchte, bei einer neuen Finanzkrise, den Zusammenbruch des Finanzsystems verhindern, in Schieflage geratene Banken vor der Pleite bewahren und eine Übernahme der Haftung für Finanzinstitutionen durch den Staat vermeiden zu können. Hierzu wurde das sogenannte „Bail-in“-Verfahren entwickelt, das zur Sanierung oder Abwicklung von maroden Banken zuerst Anleihegläubiger, Aktionäre und Sparer enteignet.

Der Wechsel von „Bail-out“ zu „Bail-in“ dient – entgegen diversen Verlautbarungen – nicht dem „Schutz der Steuerzahler“, sondern einerseits dem Erhalt des Finanzsystems und andererseits den Schutz des Staates vor der Pleite. Anstelle das Geldsystem zu reformieren, werden die Folgen der Vermögenskonzentration, mit Hilfe der Politik, den breiten Bevölkerungsschichten aufgezwungen, um ein Schuldgeldsystem am Leben zu erhalten, das nur noch den Superreichen dient und deshalb immer perversere Züge annimmt. Wenn auch noch das Bargeld abgeschafft wird, wie bereits gelant ist, kann sich auch in Deutschland niemand mehr vor einer Enteignung durch einen Bail-In schützen – außer er besitzt Edelmetalle.