Bargeldverbot bekämpft nur wieder Symptome

In einem Beitrag am 6. Juni 2015 hatten wir erläutert, dass es den Befürwortern eines Bargeldverbots (bzw. Bargeld-Abschaffung) nur vordergründig darum geht, Kriminalität und Steuerhinterziehung zu bekämpfen. In Wahrheit geht es darum, die Sparer zugunsten der Schuldner zu enteignen, die Bürger zu mehr Konsum anzuregen und damit das Schuldgeldsystem der westlichen Welt vor dem Einsturz zu bewahren.

Bargeld-Verbot / Bargeld abschaffen / Bargeld-Abschaffung

Wie in dem Beitrag „Warum Bargeld wirklich abgeschafft wird“ erwähnt, hat sich mit Peter Bofinger jüngst erstmals ein bekannter Ökonom und Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung positiv über die Bargeld-Abschaffung (Bargeldverbot) geäußert. Ihm geht es offiziell natürlich vor allem darum, einerseits die Bezahlung an der Kasse zu beschleunigen (?) andererseits darum, die Kriminalität zu bekämpfen. Mit Blick auf das Vorbild Skandinavien wird immer wieder betont, so auch von Peter Bofinger, dass dort neben dem Staat auch die Bürger einer Bargeld-Abschaffung (Bargeld-Verbot) gegenüber aufgeschlossen seien. Das ist jedoch kein Wunder bei einer derart aktiv betriebenen Medien-Propaganda.

Bargeldverbot erzeugt Mißtrauen

Aus den Erfahrungen der Finanzkrise, Schuldenkrise und Eurokrise muss der Ruf nach einem Bargeldverbot skeptisch stimmen. Denn zwischen Bargeld und einem Bankguthaben gibt es erhebliche Unterschiede. Bargeld ist gesetzliches Zahlungsmittel und somit eine Forderung gegenüber der Zentralbank und damit indirekt auch gegenüber dem Staat. Das Guthaben auf einem Bankkonto ist hingegen nur ein Anspruch gegen die Bank auf Auszahlung von Bargeld (siehe Geldschöpfung), und dieser unterliegt, wie wir an dem Beispiel von Zypern gesehen haben, einem erheblichen Risiko, wenn sich die Banken, wie seit 2008, in einer ständigen Krise befinden. Das Guthaben auf Bankkonten ist deshalb im Gegensatz zu Bargeld kein gesetzliches Zahlungsmittel (siehe juristische Bewertung von Giralgeld unter Geldschöpfung).

Banken haben nur Eigenkapitalquoten von ca. 3 Prozent, weshalb es keiner großen Krise bedarf und eine Bank kann in die Pleite rutschen. Das europäische Bankensystem steht auch sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise auf wackeligen Beinen, und es gehört nicht viel Fantasie dazu, die Ereignisse in Zypern als Anzeichen einer viel weitergehenden Enteignung der Sparer bei weiteren erforderlichen Bankenrettungen ausmachen zu können. Zypern betreffend sprach der Chef der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, von einer „Blaupause“ für mögliche weitere Fälle in Europa.

Gibt es kein Bargeld mehr, können nur die Eigentümer von physischen Edelmetallen wie Gold und Silber, das anonym im Ausland verwahrt wird, sich einer Enteignung entziehen.

Ginge es den Befürwortern der Bargeld-Abschaffung wirklich nur um die Bekämpfung von Kriminalität und Steuerhinterziehung, dann drängt sich die Frage auf, warum sie gerade jetzt diese Forderung salonfähig machen wollen, wo immer klarer erkennbar wird, dass die Schulden immer weiter steigen müssen, damit das Schuldgeldsystem nicht kollabiert. 2003 als Deutschland wirtschaftlich viel schlechter dastand als heute, und deshalb auch die Kriterien des Vertrags von Maastricht verletzte, kam niemand auf die Idee, das Haushaltsdefizit mit einem Bargeldverbot zu sanieren. Denn weniger Kriminalität und höhere Steuereinnahmen wären schon damals durch die Abschaffung des Bargeldes möglich gewesen. Damals war aber die globale Verschuldung nur halb so hoch wie heute!

Bargeldverbot bekämpft nur wieder Symptome

Es ist immer wieder das gleiche, statt die Ursachen zu bekämpfen werden Symptome bekämpft, und genau das trifft auch wieder auf den Gedanken der Bargeld-Abschaffung bzw. eines Bargeld-Verbots zu. Löst die Bargeld-Abschaffung oder ein Verbot des Bargeldes etwa das Problem, dass die Banken nach wie vor Geld durch Kredite aus dem Nichts schöpfen können (siehe Geldschöpfung)? Hat nicht dieses Monopol dazu geführt, dass die globale Geldmenge mittlerweile um ein Vielfaches höher ist als die globale Wirtschaftsleistung? Sind nicht dadurch die Zinslasten heute größer als das globale Wirtschaftswachstum? Und ist nicht deshalb ein immer größerer Teil der Schulden vor denen wir stehen, nicht mehr ordentlich zu bedienen und erfordert weitere Verschuldung um die fälligen Zinsen zahlen und einen Kollaps des Schuldgeldsystems hinaus schieben zu können(siehe Geldsystem)? Die Ursache des Problems ist die ungezügelte Geldschöpfung der Banken seit 1971. Das Bargeld abschaffen zu wollen, bekämpft nur die Folgen der Überdehnung der Geldmenge durch die Geldschöpfung der Banken, hält dieses Privilleg aufrecht und verschiebt den Kollaps des Geldsystems in die Zukunft. Das Bargeld abschaffen zu wollen, bekämpft nur Symptome anstelle von Ursachen!

Die Lösung könnte darin liegen, den Banken die Möglichkeit zu nehmen eigenes Geld durch die Kreditvergabe zu schöpfen und diese Geldschöpfung nur noch der Zentralbank zu ermöglichen. Banken wären dann in der Realität nur noch das, was sie in weiten Teilen der Wirtschaftstheorie bis heute sind, reine Intermediäre. Als Vermittler könnten die Banken dann nur noch Kredite vergeben, wenn sie zuvor entsprechende Einlagen von Kunden mit der Erlaubnis bekommen hätten, dieses Geld als Kredite verleihen zu dürfen.

Vollgeld vs. Banken-Geldschöpfung

Experten sprechen in diesem Fall von „Vollgeld„. Eine Idee, die von den Professoren Henry Simons und Irving Fisher im Jahr 1936 mit dem sog. Chicago-Plan vorgestellt wurde. Sie sahen darin einen Weg, das Kreditwachstum einer Volkswirtschaft zu begrenzen und das Schwanken der Geldmenge in Boom- und Krisenzyklen zu verhindern. Vor allem gäbe es nicht mehr das Risiko von Bankenschieflagen, welche die gesamte Wirtschaft mit in die Krise stürzen. Die Sparer, die mit dem Ziel Zinsen zu erwirtschaften, den Banken Geld leihen, würden mehr als heute darauf achten, wie solide eine Bank wirtschaftet. Höhere Eigenkapitalquoten wären die Folge, was kostspielige Bankenrettungen durch die Politik zulasten der Steuerzahler verhindern würde.

Dass Vollgeld eine realistische Alternative zu dem heutigen Mindestreserve-System ist, haben Wissenschaftler im Auftrag des IWF bereits im Jahre 2012 bewiesen. Dabei zeigten sie auf, dass die Idee von Vollgeld und einem staatlichem Geldmonopol schon in der Vergangenheit prominente Unterstützer, wie Benjamin Franklin, David Ricardo, Thomas Jefferson und Nobelpreisträger Milton Friedman hatte. In Deutschland wird das Vollgeld heute von der Monetative gefordert, ein Verein, dessen Spiritus Rector der Geldwissenschaftler Prof. Joseph Huber ist.

Vollgeld würde Schulden monitarisieren

Bei einer Umstellung des heutigen Mindestreserve-Systems auf ein Vollgeldsystem würde ein Bargeldverbot bzw. die Bargeld-Abschaffung überflüssig und ein großer Teil der Schulden könnte auf elegante Weise durch den Geldschöpfungsgewinn der Banken beglichen werden. Wären die Banken verpflichtet ihre Ausleihungen zu 100 Prozent mit Zentralbankgeld zu decken, müssten sie sich dieses Geld bei der Zentralbank leihen, was zu einer Bilanzverlängerung führen würde. Anschließend ließen sich diese Verpflichtungen gegenüber der Zentralbank mit den Forderungen gegenüber dem Staat verrechnen und so die Staatsschulden begleichen. Dadurch könnte der Staat auch die überschuldeten Kommunen entlasten. Diese Lösung wäre auch nicht inflationär, da sich Inflation nur bei einer Ausweitung der Geldmenge einstellt. Ohnehin läuft die Geldpolitik der Zentralbanken über den Ankauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren, „Quantitative Easing“ genannt, auf eine Monetarisierung der Schulden hinaus. Die Vollgeld-Idee muss jedoch noch in einzelnen Punkten optimiert werden, damit das Wirtschaftswachstum nicht gebremst wird.

In der Schweiz laufen derzeit Vorbereitungen eine Volksabstimmung zu dem Thema durchzuführen. Die Kritiker der „Vollgeld-Initiative“ befürchten, dass der Schweizer Franken nach einem solchen Systemwechsel noch begehrter würde als er es ohnehin schon ist. Eine nicht unberechtigte Vorstellung, die jedoch unterstreicht, wie attraktiv Vollgeld aus Sicht des Sparers ist. In Island hat eine Kommission im Auftrag des Ministerpräsidenten Sigmundur Davíð Gunnlaugsson ebenfalls einen Systemwechsel hin zu Vollgeld vorgeschlagen. Selbst von einzelnen Medien, wie der „Financial Times“, gibt es Unterstützung für die Vollgeldreform. Nur die Vorreiter des Bargeldverbots sind auffällig still, was skeptisch machen muss. Geht es also doch nur darum, die Privilegien des Bankensystems auf Kosten der Sparer aufrecht zu erhalten?