Krise: Griechenland hat ein As gegen die Pleite

Der große Showdown um die Zukunft Griechenlands hat begonnen: Ab Montag den 22.06.2015 treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone zu einer weiteren Verhandlung mit der griechischen Regierung. Im Vorfeld haben die Mainstream-Medien der deutschen Bevölkerung regelrecht eingebläut, dass die griechische Regierung Europas Zukunft riskiert, weil sie nicht zu den erforderlichen Zugeständnissen bereit sei. Aus diesem Grund sind viele Menschen inzwischen davon überzeugt, dass das Problem einzig und allein an der sturen Haltung von Finanzminister Yanis Varoufakis und seines Premiers Alexis Tsipras liegt, deren Einlenken oder Euro-Austritt deshalb zurecht erzwungen werden müsse. Die Griechen haben jedoch weiterhin ein As im Ärmel, mit dem sie den Euro-Staats- und Regierungschefs neue Zugeständnisse abringen können. Darüber wird jedoch nicht berichtet.

Griechenland Krise As gegen Pleite (Staatsbankrott)

Selbst wenn die griechische Regierung sich den Bedingungen der Troika aus IWF, EU und EZB beugen und die Renten erneut kürzen, die Mehrwertsteuer erhöhen und den Mindestlohn senken würde, wäre damit keines der Probleme gelöst, die Griechenland in die Krise und an den Rand der Pleite (Staatsbankrott) getrieben haben. Darüber hinaus würde die kompromisslose Durchsetzung dieser Maßnahmen höchstwahrscheinlich einen Volksaufstand und möglicherweise auch einen Bürgerkrieg auslösen. Die größten Probleme von Griechenland sind bis heute: Mentalität, historische Entwicklung, Korruption, mangelhafte Verwaltung, die Euro-Einführung und der Zustand des herrschenden Geldsystems.

Die Probleme Griechenlands scheinen unlösbar

Die Mentalität der Griechen ist geprägt von der historischen Entwicklung, jahrzehntelanger Korruption sowie klimatisch bedingter Arbeitseinstellung und diese Rahmenbedingungen lassen sich nicht in fünf Jahren so verändern, dass Griechenland die seit 2010 zur Bewältigung der Krise notwendige Effizienz und Bereitschaft zu Reformen hätte entwickeln könnten. Die strukturellen Probleme wie Korruption und die ineffiziente sowie veraltete Verwaltung, sind so tiefgreifend, dass sie wie ein unüberwindbarer psychologischer Berg die Motivation der Griechen belasten. Hinzu kommt der permanente Druck von außen, der zusätzlich lähmt. Erschwerend wirkt dabei auch, dass die Griechen ein stolzes Volk sind, weshalb sie externe Hilfe bei dem Aufbau einer modernen Verwaltung ablehnen.

Griechenland in die Euro-Währungsunion aufzunehmen war deshalb ein fataler Fehler, weil ein von 2.000 Familien beherrschtes und deshalb von Korruption durchzogenes Land gerade dann nicht reformfähig ist, wenn es mit der Euro-Einführung an niedrige Zinsen und hohe Kredite kommt. Griechenland hätte aber sofort nach der Einführung des Euro beginnen müssen strukturelle Reformen einzuführen, um nicht im Wettbewerb mit den anderen Euro-Staaten erdrückt und in eine absehbare Krise getrieben zu werden. Denn der Euro führt dazu, dass wirtschaftlich schwächere Staaten ihre Güter schwerer exportieren können und deshalb immer mehr importieren und diese irgendwann mit Krediten finanzieren müssen, weil die eigene Wirtschaftsleistung sinkt.

Dieses Problem hat sich 2010 dramatisch zugespitzt, als die Schuldenkrise ausbrach und viele Staaten ihre Banken retten mussten. Die Rettung der griechischen Banken erhöhte deshalb die Staatsverschuldung Griechenlands in kurzer Zeit um satte ca. 30%. Griechenland wurde jedoch neben den strukturellen Problemen auch von den Bedingungen des herrschenden Geldsystems erheblich belastet, denn die Schuldenkrise ist eine Folge des Neoliberalismus, der nach 1971 zur führenden Wirtschaftsideologie wurde. Seither hat die Finanzindustrie durch die Deregulierung und fehlende Kontrolle des Bankensektors die globale Geldmenge soweit aufgeblasen, dass die Zinslasten, die dafür anfallen, heute größer sind als das globale Wirtschaftswachstum. Das Geldsystem hat sich zu einem Schneeballsystem entwickelt, das immer mehr Kredite braucht um die fälligen Zinsen bezahlen zu können.

Der europäische Kontinent ging dadurch weitgehend in die Hände internationaler Großbanken, Hedgefonds und anderer Finanzinstitutionen über, die von superreichen Plutokraten kontrolliert werden (siehe Geldsystem). Sie allein bestimmen, wer die einzelnen Länder regiert. Spurt eine Regierung nicht, wird sie zu Fall gebracht. In Griechenland war das bereits einmal der Fall. Die Übernahme der aus der Finanzkrise erwachsenen Bankschulden durch die Staaten und damit durch die Allgemeinheit, ist eine der katastrophalen Folgen dieses von Plutokraten pervertierten Geldsystems. Politik und Gesellschaft haben sich von den angenehmen Seiten der Kreditaufnahme blenden lassen und sich damit der neoliberalen Ideologie ausgeliefert, deren Folgen wir jetzt sehen. Nachdem auch die Regulierungsbehörden nicht Willens oder in der Lage waren, der stetigen Ausdehnung der Geldmenge durch die Banken Einhalt zu gebieten, stellt sich die Frage, ob nicht die Geldordnung geändert werden muss, indem das Mindestreserve-System z. B. durch ein Vollgeld-System ersetzt wird.

Griechenland konnte sich nur unter Mithilfe von EU-Bürokraten und Goldman-Sachs-Bankern in die Euro-Währungsunion mogeln, weil wirtschaftlich schwächere Länder dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter abbauen, mehr importieren müssen und dafür Kredite brauchen. Hiervon profitieren die Finanzeliten und die Exportwirtschaft. Mit der in 2010 eingeführten Zwangsverwaltung Griechenlands durchs die Troika aus EU, EZB und IWF, wurden dem Land innerhalb von vier Jahren sechs Sparprogramme auferlegt, die nicht dem Zweck dienten, Griechenland zu helfen bzw. die Krise zu lösen, sondern den bisherigen Profiteuren kein Haar zu krümmen.

Wenn Politiker der griechischen Regierung in diesen Tagen öffentlich vorwerfen, sie habe die Milliardäre im eigenen Land nicht zur Kasse gebeten, dann zeigt das vor allem ihre Unehrlichkeit. Die von der Politik mitgetragenen Sparprogramme haben im Gegenzug nie Reformen gefordert, die das Vermögen superreicher Griechen belastet hätte, aber statt dessen die Lebensverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung drastisch verschlechtert und die Lebensgrundlage vieler schwacher und hilfsbedürftiger Menschen völlig zerstört hat. Wenn darüber hinaus behauptet wird, Griechenland sei vor der Regierungsübernahme durch Syriza auf einem guten Weg gewesen, dann ist das ebenfalls unwahr. Denn die Verschuldung des Landes hat sich seit 2010 kontinuierlich erhöht und die Wirtschaftsleistung weiter verschlechtert. Der angebliche Primärüberschuss, den Griechenland in 2014 erwirtschaftet haben soll, dürfte erneut mit originellen Bewertungen zustande gekommen sein.

Politiker in der Klemme

Warum aber verkünden Politiker so offensichtlich die Unwahrheit? Der Grund ist, dass sich die deutsche Politik in einer schwierigen Situation befindet, weil sie den Wählern einerseits die Milliardenzahlungen zur Bankenrettung als „Hilfszahlungen an Griechenland“ verkauft hat. Andererseits ist die Politik aber von der Finanzindustrie abhängig ist, und die will keinen weiteren Schuldenschnitt. Das wurde deutlich durch den Druck der USA auf Europa, in der Griechenland-Krise endlich voran zu kommen. Die öffentliche Stimmung in Deutschland ist durch die Medienhetze, die seit dem Amtsantritt von Syriza und insbesondere seit dem G7-Gipfel in Elmau gegen die griechische Regierung stattfindet, ganz entschieden gegen weitere Hilfskredite an Griechenland. Offensichtlich wollen die Gläubiger damit einen so hohen Druck gegenüber Griechenland aufbauen, dass die griechische Regierung doch noch einknickt, sich der Macht des Kapitals unterwirft und nicht aus dem Euro-Währungsunion austritt.

Die Griechen haben noch ein As im Ärmel

Tsipras und Varoufakis haben ihren Wählern – wie in der Politik heute üblich und wider besseres Wissens – mehr versprochen als sie halten können. Inzwischen ist den beiden aber klar geworden, dass die Finanzindustrie einen erneuten Schuldenschnitt für Griechenland kategorisch ablehnt. Sie können aber ohne neue Zugeständnisse der Gläubiger ihre Wähler nicht bei der Stange halten. Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis werden deshalb erneut ihr As aus dem Ärmel ziehen, von dem in den Mainstream-Medien nicht berichtet wird. Sie können weiterhin damit pokern, dass die Euro-Staats- und Regierungschefs einen Staatsbankrott Griechenlands nicht hinnehmen können, weil sie wissen, dass Griechenland das Recht hat, seine Schulden in der neuen Landeswährung zu bezahlen (Währungsreform). Anders als es die deutsche Politik und vor allem Theo Waigel immer behauptet haben, wonach ein Euro-Austritt für Griechenland nichts bringen würde, weil die Schulden angeblich in Euro zurückgezahlt werden müssten (Beweis, siehe nachfolgendes Video).

Griechenland As Krise Pleite Video (Inflationsschutzbrief)

Euro-Austritt Griechenlands = 50% Schuldenschnitt

Tatsächlich würde der Euro-Austritt Griechenlands und die Einführung einer eigenen Landeswährung einen zweiten und diesmal erzwungenen Schuldenschnitt von ca. 50% bedeuten. Jedoch braucht Griechenland dann eine Aufbauhilfe in der Folgezeit und diese kann nur von der Eurozone kommen. Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis werden deshalb ebenso wie die deutsche und die europäische Politik auf Zeit spielen. Insofern ist zu vermuten, dass das Gipfeltreffen der Euro-Staats- und Regierungschefs ab 22.06.2015 mit einem faulen Kompromiss endet, den beide Seiten jedoch als einen Erfolg verkaufen dürften. Dadurch entsteht Hoffnung bei der deutschen und insbesondere bei der griechischen Bevölkerung und verschafft der Politik mehrere Monate Zeit.

Griechenland – eine tickende Zeitbombe

Jedoch ist das Spiel auf Zeit begrenzt, weil die Wut der griechischen Bevölkerung wieder zunehmen wird, wenn sich in der Folgezeit nichts spürbar verbessert, was sehr wahrscheinlich ist. Denn seit der Regierungsübernahme von Syriza sind fast fünf Monate vergangen, ohne dass sich für die Opfer der Krise etwas verbessert hätte. Im Gegenteil: Während die Anzahl der Obdachlosen sowie nicht krankenversicherten Menschen steigt und arbeitslose Jugendliche immer mehr die Hoffnung auf einen Job verlieren, müssen viele desillusionierte Menschen in diesen Tagen erfahren, dass die weltweiten privaten Finanzvermögen der Plutokraten im vergangenen Jahr um weitere 12 Prozent auf 164 Billionen Dollar gestiegen sind und nach den Berechnungen der Bosten Consulting Group bis 2019 auf 222 Billionen Dollar ansteigen sollen. Zum Vergleich: In 2014 betrug das weltweite Vermögen 199 Billionen Dollar, ebensoviel wie die spiegelbildliche Verschuldung. Warum? Weil Geld durch Schulden entsteht (siehe Geldsystem). Und da sage noch einer der bei Verstand ist, dass wir uns nicht in einer Phase exponentiellen Wachstums von Vermögen und Schulden befinden (siehe Zinseszinseffekt). Aus diesem Grund ist der jüngste Vorschlag der griechischen Regierung, die Forderungen des Gläubigers IWF auf europäische Gläubiger wie den ESM und die EZB zu verlangern, gerade für Deutschland ein großes Risiko.

Natürlich ist nicht nur Griechenland von dieser Krise des Geldsystems betroffen. In Spanien wurden Zehntausende aus ihren Häusern und Wohnungen verdrängt, in Italien nimmt die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen weiter zu und aus Portugal wandern immer mehr Akademiker ab, weil sie dort keine Zukunft mehr sehen. Und das alles während Politiker für irgendwelche Gipfel atemberaubende Summen ausgeben und die Plutokraten ihre Vermögen immer hemmungsloser vermehren.

Gleichzeitig nimmt die soziale Ungleichheit vehement zu, eine Zeitbombe, die nicht mehr lange im Hintergrund ticken wird, während die angeblich um eine Lösung ringenden Politiker ständig Zeit schinden, aber nicht bereit sind die wahre Ursache zu bekämpfen, die von den Geschäftsbanken durch die Überdehnung der Geldmenge seit 1971 verursachte hohe Verschuldung, die eine Umverteilung von unten nach oben ausgelöst hat (siehe Geldsystem). Niemand sollte das explosive Potential unterschätzen, das mit einer weiteren Zuspitzung dieser Umverteilung kontinuierlich aufgebaut wird.