EZB-Banker erneut Insider-Informationen weitergegeben

Wie verschiedene Medien jüngst berichteten, sollen oberste Führungsmitglieder der Europäischen Zentralbank (EZB) erneut kurz vor wichtigen geldpolitischen Entscheidungen Insider-Informationen über anstehende Beschlüsse an Banker und Manager aus der Finanzwirtschaft weitergegeben haben. Bei diesen Informationen soll es sich vor allem um die Ausweitung des Public Sector Purchase Programms (PSPP) gehandelt haben.

EZB-Bänker Insider-Informationen weitergegeben

Diese Insider-Informationen über die Ausweitung des Programms (PSPP) zum Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB sollen zu einem Zeitpunkt vermittelt worden sein, als ihnen öffentliche Diskussionen über die Geldpolitik untersagt waren, wie von der EZB am 03.11.2015 zugänglich gemachte Dokumente zeigen sollen. Darunter seien Gespräche mit Vertretern der Banken BNP Paribas, UBS, BlackRock, Goldman Sachs und dem Bruegel-Institut.

EZB-Mitglieder erneut Insider-Informationen weitergegeben

Solche nicht-öffentlichen Gespräche sollen zwar gegen keine bestehenden Regeln der EZB verstoßen haben, sie wären jedoch mehr als brisant. Vor einigen Monaten war bereits der EZB-Direktor Benoit Coeure in die Kritik geraten, als er bei einer nicht-öffentlichen Veranstaltung vor Vertretern von Hedge-Fonds und großen Banken in London gesprochen und dabei eine Beschleunigung der umstrittenen Ankäufe von Anleihen (Staatsanleihen) im Rahmen des Public Sector Purchase Programms (PSPP) für den Sommer 2015 angekündigt hatte.

Dass es sich hierbei um wichtige Insider-Informationen handelte, geht schon aus der Tatsache hervor, dass mit dem Ankaufprogramm für Staatsanleihen die Geldmenge erhöht und deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Kursentwicklung des Euro negativ beeinflusst wird. Die Rede von Benoit Coeure, bei der er diese Insider-Informationen zur Sprache brachte, fand einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe dieser Informationen durch die EZB statt, was den vorab informierten Bankern einen Wissens- und Handlungsvorsprung verschaffte, um Kauf- oder Verkauf-Orders platzieren zu können. Die EZB soll inzwischen ihre Transparenzregeln verändert haben.

Aus den Dokumenten, welche die EZB zwischenzeitlich veröffentlicht habe, soll u. a. hervorgehen, dass sich Benoit Coeure auch zwischen zwei Ratssitzungen am Morgen des 4. September 2014 mit Vertretern der Großbank BNP Paribas getroffen hat. Am gleichen Tag hatte die Notenbank ihre Zinsen gesenkt. Insgesamt sollen sich EZB-Direktoren im Zeitraum von August 2014 bis August 2015 zwölf Mal mit Vertretern derselben Großbank getroffen haben. Auch mit dem Hedge-Fonds Moore Capital soll es sieben Treffen gegeben haben – bei zwei dieser Treffen soll angeblich auch EZB-Präsident Mario Draghi anwesend gewesen sein. Auch anderen Hedge-Fonds wie Bridgewater Associates und Appaloosa Management sollen Zugang zur Führung der EZB erhalten haben.

Insider-Informationen in anderen Ländern verboten

In anderen Ländern sind den führenden Notenbankern Treffen mit Vertretern der Finanzwirtschaft oder die Weitergabe von Informationen zur Geldpolitik in der Woche vor einer Zinsentscheidung verboten. Nach dem peinlichen Vorfall um Benoit Coeure im Mai 2015, hatte die EU-Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly scharfe Kritik geübt und die EZB aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die Weitergabe von Insider-Informationen bzw. grundsätzliche Indiskretionen künftig zu unterbinden. Die EZB soll inzwischen die Praxis aufgegeben haben, den Medien Informationen zu geben, die einer Sperrfrist unterliegen. Darüber hinaus sollen auch die Regeln für die Auftritte ihrer Direktoren verschärft worden sein. Die EZB will auch nach jeweils drei Monaten kalendarische Listen über Treffen zwischen führenden EZB-Mitgliedern und Vertretern der Finanzwirtschaft veröffentlichen.

Was ist davon zu halten? Zunächst einmal wäre es nicht verwunderlich, wenn  die Weitergabe von Insider-Informationen der Realität entspräche, denn dass es enge Verbindungen zwischen Notenbankern und der Finanzwirtschaft gibt, wissen wir nicht erst seit der satirischen Aufarbeitung der Finanzoligarchie um Goldman Sachs durch Erwin Pelzig, siehe Video!

Erwin Pelzig Video über die Finanzoligarchie (EZB Insider-Informationen)

Darüber hinaus ist es auch möglich, dass die aktuelle Geldpolitik der EZB und ihres Präsidenten Mario Draghi nicht ausreichend auf die Interessen der US-Notenbank FED eingeht, deren privaten Eigentümern auch die größten Medienkonzerne gehören. Die negative Medienkampagne könnte deshalb auch ein an die EZB gerichteter Warnschuss gewesen sein.