Kontoversen über Vollgeldreform, Geldschöpfung und Wachstumszwang

Gibt es im herrschenden Geldsystem einen Wachstumszwang, ist die Geldschöpfung der Geschäftsbanken wirklich die Ursache und könnte eine Vollgeldreform die Probleme der Geldordnung wirklich beseitigen? Das alles sind wichtige Fragen über welche die Geldsystem-Kenner und Geldordnungskritiker debattieren. Mit diesem Beitrag will Bernhard-Albrecht Roth, der Betreiber dieser Website, zwei der Kontroversen aufgreifen und analysieren, die in der öffentlich geführten Konversation zwischen Raimund Brichta und Dr. Timm Gudehus aufgetreten sind.

Bernhard-Albrecht Roth: Vollgeldreform, Geldschöpfung und Wachstumszwang

16.05.2017: Raimund Brichta, der frühere Leiter der NTV-Wirtschaftsredaktion, hat zusammen mit Anton Voglmaier das Buch „Die Wahrheit über Geld“ geschrieben, und klärt damit ausführlich über Geld auf. Dem gegenüber ist Dr. Timm Gudehus ein sehr aktives Mitglied des Vereins Monetative, die eine Reform der Geldordnung fordert, welche den Geschäftsbanken das Geldschöpfungsprivileg entziehen, Giralgeld durch Vollgeld (Zentralbankgeld) ersetzen und Bankguthaben sicher machen soll.

Kern der Konversation zwischen Raimund Brichta und Dr. Timm Gudehus sind mehrere Kontroversen von denen nachfolgend zwei näher beleuchtet werden sollen.

  1. Könnte eine Vollgeldreform die Mißstände in der herrschenden Geldordnung beseitigen
  2. Gibt es einen Wachstumszwang der vom Geldsystem ausgeht

Während Raimund Brichta die Existenz eines Wachstumszwangs eindeutig bejaht, ist er aber nicht davon überzeugt, dass die mit Geldschöpfung der Geschäftsbanken verbundenen Probleme durch die von der Monetative und Timm Gudehus propagierte Vollgeldreform gelöst werden können. Timm Gudehus kann seinerseits keinen Wachstumszwang erkennen, der durch das Geldsystem ausgelöst wird, sieht aber in der Geldschöpfung der privaten Banken das Hauptproblem. Der nachfolgende Beitrag soll hierzu einige Antworten liefern.

Bernhard-Albrecht Roth: Vollgeldreform, Banken-Geldschöpfung und Wachstumszwang

Die Analyse, die Raimund Brichta und Anton Voglmaier in ihrem Buch „Die Wahrheit über Geld“ dargelegt haben, deckt sich weitgehend mit den auf dieser Website seit 2010 veröffentlichten Beiträgen und Inflationsschutzbrief-Ausgaben. Jedoch überzeugt mich die wichtige Schlussfolgerung von Raimund Brichta nicht, wonach der Entzug des Geldschöpfungsprivilegs automatisch dazu führen würde, dass andere „Forderungen auf Zahlungsmittel“ das Giralgeld der privaten Banken voll kompensieren können, weshalb eine Vollgeldreform nach seiner Einschätzung scheitern muss.

Raimund Brichta hat in seiner Analyse dazu folgende Gleichung aufgestellt:

Geldvermögen = Bestand an Zahlungsmitteln + Forderungen auf Zahlungsmittel

Raimund Brichta rechnet hierbei das von den Banken durch Kredit geschöpfte Giralgeld dem „Bestand an Zahlungsmitteln“ zu, obwohl es in der Realität „Forderungen auf Zahlungsmittel“ sind und nur deshalb wie Zahlungsmittel verwendet werden, weil die Menschen den Unterschied nicht kennen.

Werde der „Bestand an Zahlungsmitteln“ durch den Entzug des Geldschöpfungsprivilegs begrenzt, erhöhe sich zwangsläufig der Bestand an anderen „Forderungen auf Zahlungsmittel“,so die These von Raimund Brichta.

Das würde aber nur zutreffen, wenn „Forderungen auf Zahlungsmittel“ als Geldsurrogat eine vergleichbare Quantität erreichen und damit ähnliche Folgen wie die massive Ausweitung der Giralgeldmenge durch Kreditvergabe verursachen könnten.

Vollgeldreform: „Forderungen auf Zahlungsmittel“ kein Giralgeld-Äquivalent

Genau das wäre aber nicht der Fall, weil alle Formen von „Forderungen auf Zahlungsmittel“ genauso fungibel sein müssten wie Giralgeld, und das können sie nicht, wenn den privaten Banken das Privileg selbst Geld zu schöpfen entzogen ist und allein bei der Zentralbank liegt. Raimund Brichta übersieht hierbei, dass sich die „Forderungen auf Zahlungsmittel“ nur deshalb als Geldsurrogat (Geldersatz) etablieren konnten, weil das Monopol der Geldschöpfung geteilt ist, mit der Vollgeldreform jedoch beseitigt werden soll.

Alle heute üblichen und weit verbreiteten Formen von „Forderungen auf Zahlungsmittel“ sind sehr eng mit der Bankenbranche und der Möglichkeit Giralgeld zu schöpfen verbunden. Man denke nur an Factoring-Unternehmen, hinter denen fast ausnahmslos Banken stehen, oder auch sämtliche Formen der Verbriefung von unveräußerlichen Forderungen in fungible Wertpapiere, die ohne Banken, die den emittierenden Zweckgesellschaften (SPV) Kredite gewähren, nicht funktionieren würde.

Ein gutes Beispiel dafür sind auch Wechselgeschäfte, also der Weitergabe von privaten Schuldscheinen unter Einhaltung gesetzlicher Formvorschriften. Wechselgeschäfte haben niemals Größenordnungen erreicht, die mit der Giralgeldmenge auch nur ansatzweise vergleichbar waren, und das obwohl diese Form des Geldersatzes schon lange existiert. Der Grund dafür ist die fehlende Fugibilität. Denn nur bonitätsstarke Kunden konnten bei ihren Banken diese Wechsel (Schuldscheine) vor der Fälligkeit zum Diskont einreichen, also den Geldbetrag, auf den der Schuldschein lautete, sich umgehend auszahlen oder dem eigenen Bankkonto gutschreiben lassen. Alle anderen Wechselgläubiger mussten bis zum Fälligkeitstag warten, was ihre Liquidität und damit auch ihr Investitions- und Konsumverhalten bremste. Das gleiche Problem würde sich auch für die „Forderungen auf Zahlungsmittel“ nach einer Vollgeldreform stellen.

Die Akzeptanz als Geldsurrogat oder auch als Anlagegut hängt also eng mit der Fungibilität zusammen, und die wäre ohne private Banken, die solche Forderungen schnell durch die Giralgeldschöpfung in Geld verwandeln können, nicht gegeben.

Das sehen wir übrigens gerade heute auch an der geringen Akzeptanz von physischem Gold und Silber als Zahlungsmittel im Zeitalter des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Gleiches gilt auch für physische Edelmetalle als Anlagegut. Im Umkehrschluss erklärt das auch, warum sich im Mittelalter die Lagerscheine der Goldschmiede, die das Gold und Silber für ihre Kunden verwahrten, als Zahlungsmittel hingegen durchgesetzt haben. Denn es war unpraktisch immer die Edelmetalle mit sich herumschleppen zu müssen. Entscheidend war, dass jeder gegen Vorlage eines Lagerscheins sich das physische Gold oder Silber sofort aushändigen lassen konnte. Die Lagerscheine also fungibel und deshalb als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel (wegen der direkten physischen Unterlegung mit Edelmetallen) geeignet waren.

Aus genau diesem Grund hat sich schließlich das fungibelste Geldsurrogat etabliert, das es je gab, das Giralgeld. Denn was könnte noch fugibler und gleichzeitig vermeintlich sicherer sein, als ein Zahlungsmittel, das die Bürger jederzeit bei allen Banken in Bargeld tauschen können und das auf den Girokonten und Kontoauszügen auch noch in gesetzlichem Zahlungsmittel ausgewiesen wird, obwohl dieses Zahlungsmittel in Wahrheit nur ein privates Auszahlungsversprechen (Schuldschein) auf gesetzliche Zahlungsmittel ist, was die überwiegende Mehrheit der Bankkunden jedoch noch immer nicht weiß.

Würde Vollgeld die Finanzwirtschaft ausbremsen?

Der wichtigste Aspekt ist aber, dass die gesamte Finanzwirtschaft von der Giralgeldschöpfung und der damit verbundenen Fungibilität aller Finanzprodukte abhängig ist. Denn wie sollten Finanzprodukte über Börsen oder OTC (außerbörslich) handelbar sein, wenn sie nicht jederzeit in Giralgeld getauscht werden könnten.

In einem Vollgeldsystem, in welchem die Banken kein Geldschöpfungsprivileg haben, würde es nach meiner Einschätzung automatisch unterbunden, dass sich die Finanzwirtschaft weiter aufblasen, wertschöpfungslose Gewinne privatisieren und im Gegenzug reale Verluste der Allgemeinheit aufbürden kann, weil das Monopol der Geldschöpfung nicht mehr geteilt wäre, sondern nur noch bei der Zentralbank liegt. Hierbei ist es wichtig zwischen Ursache und Wirkung zu unterschieden.

Die Ursache ist die Teilung des Geldschöpfungsmonopols zwischen Zentralbanken und privaten Geschäftsbanken, während die negative Wirkung dieser Teilung allein auf die (Aus-)Nutzung des Geldschöpfungsprivilegs insbesondere für wertschöpfungslose Geschäftsmodelle in der Finanzwirtschaft zurückzuführen ist. Bekämpft man die Ursache, indem man die Teilung des Monopols beseitigt, dann kann auch die parasitäre Ausnutzung des Geldschöpfungsmonopols weitgehend beseitigt werden!

Das ist jedoch sehr theoretisch, denn weder die Europäische Zentralbank (EZB) noch die privaten Banken – die eng miteinander verbunden sind – werden die Einführung von Vollgeld zulassen. Das zeigt sich bereits an der Reaktion der Deutschen Bundesbank, aber auch daran, wie die EZB ihr Mandat anwendet (siehe Video zur Anhörung des Journalisten Harald Schumann vor einem Ausschuss des Europaparlaments).

EU-Parlament - Anhörung von Harald Schumann zur EZB

Zwei Ausnahmen gibt es allerdings, bei denen die These von Raimund Brichta zutrifft:

1. Die Besitzer von Vermögen, die nicht darauf angewiesen sind „Forderungen auf Zahlungsmittel“ in Zahlungsmittel zu tauschen, könnten ihr Vermögen als Sicherheit einsetzen, um Kredite in Vollgeld aufzunehmen und dieses Vollgeld mit höheren Zinsen dann an Dritte gegen Schuldscheine weiter zu verleihen. Aber wie ich bereits weiter oben an dem Beispiel „Wechsel“ erläutert habe, ist das Volumen solcher Ausweichlösungen begrenzt. Viel problematischer wäre folgendes:

2. Die Finanzwirtschaft ist infolge der Ausnutzung des Geldschöpfungsprivilegs und der Deregulierung der Finanzbranche schon zu mächtig geworden und könnte deshalb in der Lage sein, den mit einer Vollgeldreform verbundenen Entzug des Geldschöpfungsprivilegs durch digitale privatrechtliche Zahlungsmittel zu kompensieren, die wie Währungen in Konkurrenz zu gesetzlichen Zahlungsmitteln in Umlauf gebracht werden.

Die Gleichung von Raimund Brichta

Geldvermögen = Bestand an Zahlungsmitteln + Forderungen auf Zahlungsmittel

würde sich dadurch verändern in

Geldvermögen = Bestand gesetzlicher Zahlungsmittel + Bestand privatrechtlicher Zahlungsmittel

Monetative und Wachstumszwang

Bei der Konversation zwischen Raimund Brichta und Dr. Timm Gudehus war auch der Wanchstumszwang eine der Kontroversen. Hierbei irritiert es mich, dass Dr. Timm Gudehus, der mit der Monetative für eine Vollgeldreform eintritt, den durch die Finanzwirtschaft auf die Realwirtschaft ausgeübten Wachstumszwang jedoch nicht zu erkennen vermag. Denn gerade die Monetative kritisiert die überschießende Giralgeldschöpfung in einer Aufschwungphase, sowie eine zu geringe Geldschöpfung der Banken während eines Abschwungs, die ganz erheblich zu der Abkoppelung der Geldmenge vom Wirtschaftswachstum beigetragen hat.

Aber auch Prof. Joseph Huber vertritt keine eindeutige Position zum Wachstumszwang. Während er auf vollgeld.de schrieb: „Es liegt in der Natur einer Vollgeldordnung, dass sie Verzinsung und Wachstumszwang von sich aus nicht induziert. (….) Der Zinseszinsmechanismus übt einen Wachstumsdruck aus, eine schuldenfreie Vollgeldbasis nicht“, stellte er Ende 2016 bei einem Vortrag den Wachstumszwang mit den Worten „so es ihn geben mag“ wieder in Frage.

Der Grund dafür, warum der Wachstumszwang bei den führenden Köpfen der Monetative nur am Rande thematisiert wird, ist meiner Ansicht nach eher taktischer als analytischer Natur. Denn wer einräumt, dass es einen Wachstumszwang gibt, der muss zwangsläufig auch Zins, Zinseszinseffekt und die Geldhortung kritisch hinterfragen. Wer das aber tut, macht sich damit angreifbar, weil er die Interessen von Vermögensbesitzern und Finanzbranche tangiert, die beide nicht wenig Einfluss auf Medien und Politik ausüben und bei denen will die Monetative schließlich Gehör finden.

Woher kommt der Wachstumszwang

Der Wachstumszwang in der Realwirtschaft wird meines Erachtens schon dadurch offensichtlich, dass die Geldmenge in den letzten 30 Jahren viel stärker gestiegen ist, als das Wirtschaftswachstum. Nachdem Geld nur durch Schulden entsteht und insofern verzinst werden muss, geht auch vom Geldsystem ein Wachstumszwang aus, der dazu führt, dass ein lineares Wirtschaftswachstum die Zinslasten eines durch Zins und Zinseszins exponentiellen Geldmengenwachstums immer weniger bedienen kann.

Das Geldschöpfungsprivileg der Banken und die Deregulierung der Finanzmärkte haben seit dem Ende von Bretton-Woods immer neue kreditfinanzierte Geschäftsmodelle in der Finanzwirtschaft ermöglicht, deren Grundlage die Spekulation, also ein Nullsummenspiel ist. Dadurch ist die Finanzwirtschaft enorm gewachsen, was aber dazu führt, dass den damit erzeugten Zinslasten und Gebühren keine Wertschöpfung gegenüber steht und deshalb zusätzlicher Druck auf die Realwirtschaft ausgeübt wird, wenn die dort dringend benötigten Kredite aufgrund höherer Renditen in kürzeren Zeiträumen stattdessen in die Finanzwirtschaft fließen. Die Finanzwirtschaft erzeugt auch regelmäßig kreditfinanzierte Blasen, die immer wieder platzen und bei vielen Marktteilnehmern Verluste verursachen, die ebenfalls Wachstumszwang auslösen, wenn sie durch Kredite kompensiert werden müssen.

Raimund Brichta begründet den Wachstumszwang anhand folgender Faktoren:

a) Zins und Zinsezins
Nur wenn jedweder Zinsertrag wieder vollständig in den Geldkreislauf zurückgeführt würde, ergäbe sich daraus keinerlei Zwang zum Wachstum und zur Aufschuldung. Da dies aber in der Realität nicht der Fall ist (ein Teil der Zinserträge bleibt immer irgendwo hängen und wird gehortet), verstärken Zins und Zinseszins den Wachstumsdruck. Darüber hinaus macht der Zins bei den Schuldnern zusätzliche Ausgaben für den Schuldendienst erforderlich, die diese nicht hätten, wenn es keinen Zins gäbe. Somit wird deren Geldbedarf größer, was den Wachstumsdruck ebenfalls verstärkt.

b) Geldvermögensbildung generell
Die Hauptursache für den Wachstumszwang liegt aber darin, dass es überhaupt das Streben nach Geldvermögensbildung gibt. Wenn Geld, egal aus welchen Zahlungen es zufließt (Zins, Miete, Lohn, Verkäufe etc.) gehortet und damit „stillgelegt“ wird, fehlt es letztendlich, um ausstehende Kredite zu bedienen und muss deshalb „aufgeschuldet“ werden. Den Kreislaufentzug beschränke ich dabei nicht nur auf die Realwirtschaft, sondern generell auf den gesamten Geldkreislauf. Schließlich werden Kredite auch zu rein spekulativen Zwecken aufgenommen, welche ebenfalls stets bedient werden müssen. Kurzum: Die Tatsache, dass Geld nicht nur als Zahlungsmittel, sondern auch als Wertaufbewahrungsmittel dient, führt zum Wachstums- und Aufschuldungszwang im System.

c) Forderungen auf Zahlungsmittel
Um den systemimmanenten Wachstumszwang vollends zu erfassen, müssen wir das Blickfeld aber weiten: Bisher haben wir als Ursache nur Zahlungsmittel betrachtet, die gehortet werden und damit dem Kreislauf entzogen werden. Wenn Sie aber meine Definition von Geldvermögen zugrunde legen, und zwar

Geldvermögen = Bestand an Zahlungsmitteln + Bestand an Forderungen auf Zahlungsmittel,

dann erkennen Sie, dass jedwede Erhöhung des Forderungsbestandes (Teil 2 der rechten Seite) automatisch und rein definitorisch auch eine Erhöhung des Schuldenbestandes zur Folge hat. Das heißt: Hier führt jede Geldvermögensbildung direkt zu einer Schuldenerhöhung und nicht nur indirekt über den Entzug von Zahlungsmitteln, die durch Aufschuldung wieder ins System gebracht werden müssen.

Dies ist umso wichtiger, als das Streben nach Geldvermögensbildung nicht nur durch Hortung von Zahlungsmitteln, sondern auch durch die Hortung bloßer „Forderungen auf Zahlungsmittel“ befriedigt werden kann. Wenn A an B eine Immobilie verkauft, A aber momentan gar keine Zahlungsmittel braucht und sich deshalb mit einer verzinsten Forderung an B „bezahlen“ lässt, sind Geldvermögen und Schulden neu entstanden, ohne dass ein Cent an Zahlungsmitteln involviert, geschweige denn geschöpft worden wäre.

Das Beispiel lässt sich sogar gänzlich von der Realwirtschaft entkoppeln, indem Sie die Immobilie durch – sagen wir – eine Währungsoption ersetzen, die zwischen zwei großen Finanzmarktteilnehmern außerbörslich vereinbart wird. So entstehen Geldvermögen und Schulden nicht nur ohne Zahlungsmittel, sondern auch ohne realwirtschaftliche Grundlage.

Die Menge der „Forderungen auf Zahlungsmittel“ (oben rechts) tendiert dazu, sich vom „Bestand an Zahlungsmitteln“ (oben links) zu entkoppeln. Ein Beispiel dafür ist die Anschreibepraxis der Geschäftsbanken untereinander. Diese hat dazu geführt, dass die Menge an Interbanken-Forderungen auf Zentralbankgeld (= das einzige Zahlungsmittel, das Geschäftsbanken untereinander akzeptieren) im Verhältnis zum tatsächlichen Bestand an Zentralbankgeld bis zur Finanzkrise auf einen Rekordwert gestiegen war.

Dieser Analyse stimme ich weitgehend zu, jedoch mit der Einschränkung, dass Raimund Brichta auch unter c. (wie schon weiter oben beschrieben) dem Irrtum unterliegt, die „Forderungen auf Zahlungsmittel“ könnten auch nach einer Vollgeldreform beliebig ausgeweitet werden, was jedoch nur zutreffen würde, wenn sie fungibel und damit jederzeit in Zahlungsmittel tauschbar wären.

Das bedeutet konkret: Würde durch eine Vollgeldreform den privaten Banken das Geldschöpfungsprivileg entzogen und damit der „Bestand an Zahlungsmitteln“ und ihre Verwendung unter Kontrolle gebracht, wäre auch die Höhe der „Forderungen auf Zahlungsmittel“ (und damit automatisch auch die unkontrollierte Erhöhung des Schuldenbestandes) begrenzt, weil „Forderungen auf Zahlungsmittel“ ohne die Geldschöpfung nicht ausreichend fungibel sind und damit auch nicht in größerem Umfang als Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel akzeptiert werden.

Banken-Geldschöpfung: Vollgeld die Alternative?

Theoretisch könnten sich also durch eine Vollgeldreform Verbesserungen einstellen, wenn es für Spekulationsgeschäfte keine Kredite mehr gäbe. Selbst wenn das gelingen sollte, besteht aber die Gefahr, dass damit nur die privaten Banken entschuldet und die Verbindlichkeiten auf einen Schlag der Zentralbank und damit dem Steuerzahler aufgebürdet werden. Denn die großen Unternehmen der Finanzbranche könnten durch Blockchain-Technologie und Bargeld-Abschaffung anschließend trotzdem digitale privatrechtliche Zahlungsmittel (wie den Goldman-Coin oder Morgan-Coin) als eigene Währungen in Konkurrenz zu gesetzlichen Zahlungsmitteln in Umlauf bringen, die nach einer Etablierungsphase dann wieder als Basis für die Ausweitung von „Forderungen auf Zahlungsmittel“ missbraucht werden.

Die Geldschöpfung der privaten Banken ist für mich deshalb nach wie vor das Hauptproblem, auch wenn deren Ursache das geteilte Geldschöpfungsmonopol ist, dass wiederum auf den verständlichen Interessen nach Verzinsung und Vermögensmehrung beruht. Die Geldschöpfung der privaten Banken ist nur deshalb ein Problem und sollte abgeschafft werden, weil damit immer die mißbräuchliche Ausdehnung der Geldmenge verbunden ist, die zu einer aufgeblasenen Finanzwirtschaft, zur Aushöhlung des Rechts und damit zu Rechtsunsicherheit führt sowie letztendlich die Grundlage jeder staatlichen Ordnung gefährdet.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass dieser Beitrag keine Bewertung darstellt, ob und inwieweit Vollgeld eine Alternative zur herrschenden Geldordnung darstellen könnte, denn dafür gibt es derzeit noch zu viele offene Fragen. Es ist aber in jedem Fall lohnenswert, sich mit Vollgeld näher zu beschäftigen, denn die derzeit einzige Alternative, eine stärkere Regulierung der privaten Banken, so wie es die Bundesbank empfiehlt, kann aufgrund der Globalisierung viel zu leicht unterlaufen werden.

Ungeachtet der in diesem Beitrag angesprochenen kleinen Kritikpunkte, kann ich jedem, der sich für die Hintergründe unseres Geldsystems interessiert, nur empfehlen das Buch „Die Wahrheit über Geld“ von Raimund Brichta und Anton Voglmaier zu lesen!

Hinweis vom Bernhard-Albrecht Roth am 03.08.2017: Zum nachfolgenden Kommentar von Raimund Brichta habe ich in diesem Beitrag ausführlich Stellung bezogen!

Zusammenfassung:
Titel:
Vollgeldreform, Geldschöpfung und Wachstumszwang
Kurzbeschreibung:
Bernhard-Albrecht Roth: Kontroversen zwischen Raimund Brichta und Timm Gudehus (Monetative) über Vollgeldreform, Banken-Geldschöpfung und Wachstumszwang.
Autor:
veröffentlicht von:
Inflationsschutzbrief © 2017

3 thoughts on “Kontoversen über Vollgeldreform, Geldschöpfung und Wachstumszwang

  1. Lieber Herr Roth,

    ich freue mich sehr, dass Sie die Diskussion fortsetzen, die von Herrn Gudehus und mir angestoßen wurde. Damit unterstützen Sie eines meiner Hauptanliegen, das darin besteht, das allgemeine Verständnis für unser Geldsystem zu vertiefen. Denn bevor eine kritische Masse an Menschen davon überzeugt werden kann, dass es sich lohnt, über alternative Geldsysteme nachzudenken, muss diese kritische Masse das System erst einmal verstehen. So weit ist es nach meiner Einschätzung leider noch lange nicht.

    Ich will deshalb nicht lange bei der Vorrede bleiben, sondern gleich in die Diskussion einsteigen.

    1. Sie schreiben:
    „Raimund Brichta rechnet hierbei das von den Banken durch Kredit geschöpfte Giralgeld dem „Bestand an Zahlungsmitteln“ zu, obwohl es in der Realität „Forderungen auf Zahlungsmittel“ sind und nur deshalb wie Zahlungsmittel verwendet werden, weil die Menschen den Unterschied nicht kennen.“

    Das ist nicht ganz korrekt, denn ich rechne das Giralgeld der Banken sowohl dem „Bestand an Zahlungsmitteln“ als auch den „Forderungen auf Zahlungsmittel“ zu. Das Geschäftsbanken-Giralgeld ist somit eine SCHNITTMENGE der beiden genannten Mengen. So hatte ich es auch in der Diskussion mit Herrn Gudehus geschrieben.

    Ich denke, dass den Lesern der Begriff der Schnittmenge noch aus der Mengenlehre bekannt sein dürfte. Die von Ihnen zitierte Gleichung wäre also zeichnerisch um eine solche Mengengrafik zu ergänzen, was mir ohne größeren Aufwand leider nicht möglich ist. Alternativ dazu könnte man auch an den Begriff „Forderungen auf Zahlungsmittel“ den Zusatz anhängen: „… , sofern sie nicht auch als Zahlungsmittel verwendet werden.“

    Ich halte dies aber für zu kompliziert und auch nicht für zielführend. Meiner Ansicht nach reicht es aus, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Grenzen zwischen den beiden genannten Mengen fließend sind und es eine Schnittmenge gibt.

    2. Sie schreiben weiter:
    „Werde der „Bestand an Zahlungsmitteln“ durch den Entzug des Geldschöpfungsprivilegs begrenzt, erhöhe sich zwangsläufig der Bestand an anderen „Forderungen auf Zahlungsmittel“,so die These von Raimund Brichta.“

    Auch hier haben Sie meine Ausführungen nicht korrekt wiedergegeben. Mein Punkt war vielmehr die Erkenntnis, dass die Summe aus „Zahlungsmitteln“ und „Forderungen auf Zahlungsmittel“ (inklusive ihrer Schnittmenge) in unserem System einem Wachstumszwang unterliegt, sofern das System reibungslos funktionieren soll. Auch Sie scheinen ja zu dieser Erkenntnis gekommen sein, aber dazu weiter unten mehr.

    Geht man einmal von diesem Wachstumszwang aus, MUSS die genannte Summe also auch dann wachsen, um das System am Laufen zu halten, wenn den Geschäftsbanken das Geldschöpfungsprivileg entzogen worden ist. Einverstanden?

    Zumindest ist dies rein logisch ableitbar – es sei denn, man würde unterstellen, dass durch den Entzug des Geldschöpfungsprivilegs auch der Wachstumszwang im Gesamtsystem entfiele. Dies ist nach meiner Erkenntnis jedoch nicht der Fall. Lassen Sie mich darauf aber noch einmal eingehen, wenn ich zum Thema Wachstumszwang komme.

    Für den Moment halten wir fest: WENN der Wachstumszwang bestehen bleibt, MUSS die o.g. Summe wachsen. Punkt.

    Dies war mein Ausgangspunkt in der Diskussion mit Herrn Gudehus und nicht etwa ein automatischer Wirkungszusammenhang nach dem Motto: Wenn der Bestand an Zahlungsmitteln durch den Entzug des Geldschöpfungsprivilegs begrenzt wird, erhöht sich zwangsläufig der Bestand an anderen Forderungen auf Zahlungsmittel.

    Dieser Satz enthält ohnehin noch einen weiteren unterstellten Wirkungszusammenhang, den ich ebenfalls niemals so formulieren würde. Den Zusammenhang nämlich, dass durch den Entzug des Geldschöpfungsprivilegs der Bestand an Zahlungsmitteln „begrenzt“ würde. Der Entzug des Geldschöpfungsprivilegs „begrenzt“ erst einmal gar nichts. Er konzentriert das Privileg lediglich auf eine Institution, wie immer man diese bezeichnen mag (Notenbank, Monetative etc.). Es kommt also darauf an, wie diese Institution damit umgeht.

    Und wenn wir davon ausgehen, dass der Wachstumsdruck auch nach Entzug des Geldschöpfungsprivilegs bestehen bleibt, wird diese Institution gar nicht anders können, als den Bestand an Zahlungsmitteln ebenfalls ständig zu erhöhen, sofern sie das System nicht an die Wand fahren will. Der Bestand an Forderungen auf Zahlungsmittel wird sich nämlich auf jeden Fall weiter erhöhen, sofern die Hauptursache des Wachstumsdrucks bestehen bleibt (wovon ich ausgehe, aber mehr dazu später).

    Und wenn der Bestand an Forderungen stetig wüchse, der Bestand an Zahlungsmitteln aber nicht, würde sich eine immer größer werdende Lücke zwischen beiden Beständen auftun, die das System zum Zusammenbruch brächte. Diesen Zusammenbruch könnte sich eine solche Institution aber nicht leisten. Deshalb würde sie früher oder später dem Druck nachgeben müssen und den Zahlungsmittelbestand ebenfalls erhöhen.

    Genau deshalb habe ich in der Diskussion mit Herrn Gudehus geschrieben, dass ein Wachstum beider Komponenten (Zahlungsmittel und Forderungen) die wahrscheinlichste Variante in einem solchen System wäre.

    Nebenbei: Auf die Möglichkeit, dass die besagte Institution das Wachstum des Zahlungsmittelbestandes sogar von sich aus ankurbeln könnte, was die Beförworter des Vollgelds natürlich bestreiten würden, gehe ich hier gar nicht erst ein.

    Was ich jedoch definitiv nicht geschrieben habe, Sie aber vermuteten, ist, dass ein Entzug des Geldschöpfungsprivilegs

    – erstens zwangsläufig zu einer Begrenzung des Zahlungsmittelbestandes führen würde,

    – was wiederum zweitens zwangsläufig eine Erhöhung des Bestands an „Forderungen auf Zahlungsmittel“ zur Folge hätte.

    3.
    Ihre anschließende Argumentation, die sich auf die Frage konzentriert, inwieweit Forderungen auf Zahlungmittel zum Geldsurrogat werden können und dürfen, eignet sich somit nicht, um den von mir oben beschriebenen Erkenntnissen zu widersprechen.

    Unabhängig von diesen grundsätzlichen Überlegungen spielt die Geldsurrogatfrage natürlich eine Rolle bei der Bewertung der Auswirkungen einer möglichen Vollgeldreform. Hier stimme ich Ihnen zu, dass ein Verbot bestimmter Geldsurrogate gewisse Auswüchse im Geschäftsbankensektor eindämmen könnte. Eines der Grundprobleme unseres Geldsystems, nämlich der Wachstumszwang (siehe unten), würde dadurch aber nicht behoben.

    Einige Anmerkungen noch nebenbei:

    Ob jemand eine Forderung auf Zahlungsmittel anstatt des Zahlungsmittels selbst als Bezahlung akzeptiert, hängt nicht davon ab, ob einer der beiden Vertragspartner ein Geldschöpfungsprivileg hat. Zumal die von Ihnen erwähnte Fungibilität auch durch einen simplen Börsenhandel ohne Geldschöpfungsprivileg gewährleistet werden kann.

    Außerdem bezweifle ich, dass sich ein Geldsurrogat nur dann etablieren kann, wenn es explizit mit dem Geldschöpfungsprivileg ausgestattet wird. Die Zigarretenwährung in der Vergangenheit oder diverse Kryptowährungen in der Gegenwart mögen dafür als Beispiele dienen. Sie selbst bestätigen diese Zweifel, indem Sie schreiben, dass „digitale privatrechtliche Zahlungsmittel“ irgendwann „wie Währungen in Konkurrenz zu gesetzlichen Zahlungsmitteln in Umlauf gebracht werden“ könnten. Genau dies ist der Ansatzpunkt, um diejenigen Wirkungen auszuhebeln, die mit dem Vollgeldgedanken erreicht werden sollen. Ich halte es sogar für wahrscheinlich, dass Ähnliches passieren wird.

    Dies aber – wie gesagt – nur nebenbei. Wichtig ist mir die Feststellung, dass die unter Punkt 2. erwähnte Grundaussage, die Sie mir zuschreiben, so nicht zutrifft.

    4.
    Was den systemimmanenten Wachstumszwang anbelangt, scheinen wir uns weitgehend einig zu sein. Auch die von Ihnen genannte Einschränkung wegen meines vermeintlichen „Irrtums“ in Bezug auf die Möglichkeit der „beliebigen“ Ausweitung der Forderungen selbst nach einer Vollgeldreform hat sich nun ja erledigt. Denn wie ich oben beschrieben habe, war diese Feststellung selbst ein Irrtum. Von einer „beliebigen“ Ausweitung war nirgendwo die Rede.

    Tatsache ist aber, dass der wesentliche Wachstumstreiber, nämlich die „Geldvermögensbildung generell“ (Punkt b meiner von Ihnen zitierten Aufzählung) auch in einem Vollgeldsystem unverändert bestehen bliebe.

    Wie aber kann Geldvermögen gebildet werden? Nur dadurch, dass

    – entweder Zahlungsmittel direkt gehortet werden

    – oder aber Forderungen auf Zahlungsmittel angehäuft werden.

    Eine andere Art der Geldvermögensbildung gibt es nicht. Zumindest dann nicht, wenn man meine strikte Abgrenzung von Geldvermögen zugrunde legt. Führt man sich dann noch einmal die genannte Gleichung vor Augen

    Geldvermögen = Bestand an Zahlungsmitteln + Bestand an Forderungen auf Zahlungsmittel

    (wobei es derzeit zwischen beiden Mengen eine Schnittmenge gibt – siehe oben)

    wird Folgendes klar:

    a)
    Würden Zahlungsmittel direkt gehortet und bliebe der Bestand an Zahlungsmitteln unverändert, käme es rasch zu einer Verknappung der in Umlauf befindlichen Zahlungsmittel. Das System würde kollabieren. Deshalb muss der Bestand an Zahlungsmitteln ebenfalls erhöht werden, egal ob diese Zahlungsmittel (oder das, was dafür gehalten wird) nun Geschäfts- und Notenbanken ausgeben wie im derzeitigen System oder ob dies nur den Notenbanken vorbehalten bleibt.

    Das bedeutet: In einem Vollgeldsystem wäre die geldausgebende Behörde in diesem Fall gezwungen, den Zahlungsmittelbestand auszuweiten, wenn sie nicht den Systemkollaps riskieren wollte.

    Die direkte Hortung von Zahlungsmitteln ist allerdings die weniger häufige Variante der Geldvermögensbildung. Viel weiter verbreitet – zumal auch zinsbringend – ist

    b) die Anhäufung von Forderungen auf Zahlungsmittel.

    Auch in einem Vollgeldsystem können Forderungen prinzipiell erst einmal ohne Zutun der Notenbank angehäuft werden, sofern Schuldner bereit sind, neue Schulden einzugehen. In der Regel sind sie aber dazu bereit und werden notfalls durch einen fallenden Zins dazu animiert, dies zu tun.

    Da die Geldvermögensbildung durch Anhäufung von Forderungen die wesentliche Triebfeder jeglicher Geldvermögensbildung ist (und die direkte Hortung von Zahlungsmitteln demgegenüber vernachlässigbar ist), haben wir es hier mit dem Hauptfaktor des von uns beiden konstatierten Wachstumszwangs zu tun.

    Zwar können Forderungen auf Zahlungsmittel natürlich nicht „beliebig“ angehäuft werden, wenn die zugrundeliegende Menge an Zahlungsmitteln nicht mitwächst. Wie groß der Spielraum sein kann, hängt von verschiedendn Faktoren ab. Das Beispiel der Interbankenforderungen zeigt aber, dass er sehr groß werden kann:

    Geschäftsbanken akzeptieren als Zahlungsmittel untereinander nur Zentralbankgeld; Geschäftsbanken-Giralgeld akzeptieren sie nicht. Bis zum Beginn der Finanzkrise schrumpfte das Verhältnis der Zentralbankguthaben der Geschäftsbanken, also des tatsächlich vorhandenen Zentralbankgeldes, im Vergleich zu den Interbankenforderungen aber zu einem verschwindend kleinen Bruchteil zusammen.

    Ich will damit nicht sagen, dass dieses Beispiel eins zu eins übertragbar ist auf das Verhältnis eines möglichen Vollgeldbestands zum Bestand an Forderungen auf dieses Vollgeld, aber es zeigt doch zumindest in die mögliche Richtung. Und sollte der Abstand zu groß werden, dürfte die Währungsbehörde gezwungen werden, mit der Produktion von Zahlungsmitteln nachzulegen, damit das System nicht kollabiert.

    Letzteres ist übrigens im Interbankenbeispiel seit der Finanzkrise zu beobachten: Die Notenbanken haben ihrerseits Zahlungsmittel im Überschwang „geschöpft“, um einen Zusammenbruch des Systems zu verhindern.

    Es bleibt also bei meinem schon unter Punkt 2. wiederholten Fazit:

    Ein anhaltendes Wachstum beider Komponenten (Zahlungsmittel und Forderungen) wäre auch in einem Vollgeldsystem die wahrscheinlichste Variante.

    5.
    Meine uneingeschränkte Zustimmung erhalten Sie zu Ihrer abschließenden Bemerkung, dass es „in jedem Fall lohnenswert“ ist, sich mit Vollgeld näher zu beschäftigen.

    Herzlicher Gruß
    Raimund Brichta

  2. Es sind monetäre Versatzstücke aus der Freiwirtschaft, der natürlichen Wirtschaftsordung von Gesell, wie der Zins, die Geldhortung, die Umverteilung des gesamten Geldes hin zu den Geldvermögensbesitzern, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, die die Debatte beherrschen. Dass das Wachstum der Realwirtschaft – um die es ja geht – aber auch vom Gewinnstreben erzwungen wird, bleibt außen vor.
    Hans Christoph Binswanger beschreibt in seinem Beitrag „Geld und Wachstumszwang“ in „Geld & Wachstum“ die Zusammenhänge. Es geht nicht nur um den Zins, sondern auch den monetären Gewinn des Geldes, warum die Wirtschaft wachsen muss. Erst bei Einbeziehung beider Teile wird klar, dass der Erwerb von Geld als das bestimmnde Ziel unseres Wirtschaftens maßgeblich für den Zwang zum Wirtschaftswachstum verantwortlich ist. Karl Marx hat mit nur fünf Worten das Wesen des Kapitalismus beschreiben: „Kaufen, um teurer zu verkaufen!“ Wenn aber alle teurer verkaufen wollen als sie einkaufen, dann muss zu dem vorhanden Geld etwas von außen dazukommen, um allen – oder besser: fast allen – zu ermöglichen, teurer zu verkaufen.
    Ernst Dorfner

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