BREXIT – deutsche Wirtschaft warnt Briten

Wenn es zum Brexit kommt, ist völlig unklar, wie der Handel zwischen der EU und Großbritannien zukünftig ablaufen wird. Gibt es dann einen gemeinsamen Wirtschaftsraum wie mit Norwegen, oder gelten dann die Regeln der WTO? Die deutsche Wirtschaft hofft jedenfalls, dass es nicht zum Brexit kommt. Werden die Briten dies bei ihrer Entscheidung für oder gegen den EU-Austritt bedenken?

BREXIT: deutsche Wirtschaft warnt Briten

Der Brexit sei nicht nur eine Sache der Briten, wie sich Vertreter der deutschen Wirtschaft äußern. Die Bewertungen sind eindeutig: Ein Brexit brächte für alle nur Nachteile. Denn die Verflechtungen sind eng, wie Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel, die Situation beschreibt.

BREXIT – deutsche Wirtschaft warnt Briten

Anton Börner: „Großbritannien ist einer der bedeutendsten Handelspartner Deutschlands. Es ist mit einem Volumen von 89 Milliarden Euro in 2015 unser drittwichtigster Exportmarkt. Es dominieren hier Kraftwagen und Kraftwagenteile sowie chemische und pharmazeutische Güter. In allen wichtigen Warengruppen erzielt Deutschland deutliche Handelsüberschüsse. Jede Einschränkung des Handels trifft daher Deutschland besonders.“

Deutsche Unternehmen haben auf der Insel viel Geld investiert

Die deutsche Chemieindustrie hat schon vor einigen Tagen verlautbaren lassen, ein Austritt der Briten aus der EU (Brexit) hätte „spürbar negative Auswirkungen“ auf Deutschlands drittgrößte Industriebranche. Im vorigen Jahr habe der britische Markt chemische und pharmazeutische Produkte für 12,9 Milliarden Euro aufgenommen. Das waren 7,3 Prozent aller Exporte. Der Verband der Maschinenbauer ließ heute wissen, ein EU-Austritt Großbritanniens wäre „ein Rückschlag für den Industriestandort Europa“. Denn das ohnehin getrübte Investitionsklima würde durch die dann folgende Unsicherheit weiter getrübt. Die Branche sei natürlich auch selbst betroffen, sagt Ralph Wiechers, der Chefvolkswirt des Verbandes der Maschinebauer, mit Blick auf das Exportvolumen von 7,2 Milliarden Euro im letzten Jahr:

„Der Schwerpunkt liegt sicherlich auf dem Export. Und hieran knüpfen natürlich auch unsere eigenen Aktivitäten vor Ort an. Wir haben dort Vertriebs- und Servicestützpunkte, weil wir ja den Export aktiv begleiten. Und dazu kommen natürlich Produktionsstätten. Bei der Fördertechnik und in anderen Bereichen haben wir teils große Produktionsstätten in UK.“

Mehr als 2.500 deutsche Unternehmen unterhalten Niederlassungen in Großbritannien. Umgekehrt sind in Deutschland etwa 3.000 britische Unternehmen ansässig. Nach den Zahlen aus 2014 haben deutsche Unternehmen in Großbritannien rund 121 Milliarden Euro direkt investiert, britische Firmen in Deutschland widerum ca. 49 Milliarden Euro.

Auto-Experte Stefan Bratzel ist sich sicher: „Der Brexit würde merkliche negative Auswirkungen auf die Automobilindustrie haben, die im Einzelnen gar nicht bewertet werden können. Am stärksten wären die Hersteller und Zulieferer betroffen, die Produktionsanlagen mit hoher Kapazität auf der Insel besitzen.“ Unter den Automobilkonzernen träfe es vor allem Nissan und  Jaguar Land Rover (JLR), der zu dem indischen Tata-Konzern gehört und auf der Insel jeweils einer halben Million Autos produziert. BMW kommt da nur auf etwa 200.000 produzierte Fahrzeuge pro Jahr. Auch Toyota, Opel-Vauxhall und Honda betreiben Werke in Großbritannien.

Brexit: Ifo-Institut erwartet Wachstumsverlust

Natürlich würde nach einem Brexit nicht alles wegbrechen. Schließlich werden auch die konservativsten Briten ihre Insel nicht abschotten sondern ihre Außenwirtschaft aufrechterhalten wollen. Darauf weist Christian Apelt hin, der Länderanalyst der Helaba, der über einen Brexit enttäuscht wäre:

„Wenn man einen weitgehenden Zugang gerade bei den Warenexporten behält, das heißt, dass dann sowohl britische Waren in die EU exportiert werden könnten als auch deutsche oder EU-Waren nach Großbritannien, dann wären die wirtschaftliche Folgen, sag ich mal, nicht gravierend, wären vielleicht leicht negativ. Wenn es aber tatsächlich dazu kommen sollte, dass wirklich Zölle erhoben werden, dann würde es natürlich deutsche Produkte verteuern und das wäre schon schlecht für die deutsche Exportwirtschaft, von Autos etc., würde die Waren entsprechend verteuern.“

Es käme mit dem Austritt Großbritanniens auf jeden Fall eine Phase von Unsicherheit auf die EU und Deutschland zu, wie eng die in 40 Jahren gewachsenen Verbindungen bleiben werden. Diese Unsicherheit dürfte schnell dazu führen, dass Investitionen unterbleiben und der Wettbewerb zurück geht. Das Ifo-Institut rechnet für Deutschland mit einem Wachstumsverlust von bis zu drei Prozent, sollten sich die Briten für den Brexit entscheiden.

Quelle: Brexit – Der deutsche Außenhandel würde leiden